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Nachruf von Bischof Franz-Josef Overbeck zum Tode von Benedikt XVI.

Morgenandacht, 01.01.2023

Bischof Franz-Josef Overbeck, Essen

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Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer.

Als Bischof von Essen berührt mich der Tod von Papst em. Benedikt XVI., denn ich habe ihn persönlich durch viele Begegnungen gekannt. Wir Christen sagen, er ist gestorben, meinen damit aber vor allem: Er ist zu Gott heimgegangen.

Die einen haben Papst Benedikt XVI., den früheren Joseph Kardinal Ratzinger, bewundert, andere wiederum haben sich sehr an ihm gerieben. Manches seiner Äußerungen war schwer verstehbar, anderes missverständlich oder Anlass zu intensiven Diskussionen.

Als der verstorbene Papst zum Erzbischof von München ernannt wurde und die Bischofsweihe empfing, hat er sich ein Motto gegeben, das sein eigenes Selbstverständnis deutlich macht: „Mitarbeiter für die Wahrheit“ (3 Joh 8). Immer wieder hat er von dieser Wahrheit gesprochen, die für ihn der Garant der Freiheit des Menschen ist und die Kraft hat, Menschen zu formen und andere zu überzeugen. Trotzdem bleibt aber auch festzuhalten, dass jeder, auch der, der der Wahrheit folgen will, irren kann. Gerade der Missbrauch von Schutzbefohlenen durch Geistliche in der Kirche hat deutlich gemacht, in welchen Abgrund von Sünde und Schuld Menschen geraten können, die eigentlich für die Wahrheit stehen müssten. Papst Benedikt ist davon umgetrieben gewesen, wie der Glaube so gelebt werden kann, dass er von der Wahrheit Zeugnis gibt.

Papst Benedikt XVI. hat in vielen Veröffentlichungen versucht, Rechenschaft über den christlichen Glauben zu geben: intellektuell, aber auch sehr persönlich. Ich erinnere mich gut daran, dass ich ihm in meinen römischen Studienzeiten in den 1980er Jahren als Joseph Kardinal Ratzinger begegnet bin. Er hat mich dann auch zum Priester geweiht.

Damals in der Predigt zur Weihe hat er einen Text aus der Bibel ausgelegt, in dem es darum geht, Jesus nachzufolgen. Drei einzelne Worte hat er damals herausgestellt, die bedeutsam bleiben und zugleich seinen eigenen Lebensweg zusammenfassen.

Das erste Wort hieß „Folge!“ (Lk 9,59) Jesus nachzufolgen, das war sein Leben. Benedikt XVI. war ein großer Theologe, ein Mann größten Wissens und hoher Wachsamkeit. Von vielen Wissenschaftlern und suchenden Menschen sehr geachtet, ging es ihm aber immer darum, auf den hinzuweisen, dem er folgte: Christus.

Das zweite Wort lautete „Verlass!“ (vgl. Lk 9,60) Benedikt XVI. hat sehr bewusst wahrgenommen, dass die Kirche sich sehr ändert und auf der ganzen Welt neu wird. Wichtig war ihm, Veränderungen in Lehre und Praxis der Kirche stets unter dem Aspekt der Wahrung von Kontinuität zu bedenken und notwendige Weiterentwicklung ohne Brüche zu gestalten. Hier bleibt allerdings zu fragen, ob es nicht eben auch ganz Neues gibt, was vieles in einem anderen Licht erscheinen lässt als bisher. Bei allen Veränderungen wusste er sich von einer Lebenserfahrung getragen: Auch wenn sich die Kirche ändert, auf Gott ist immer Verlass. An seiner tiefen Liebe zu uns ändert sich nichts.

Das dritte Wort hieß damals „Verkünde!“ (vgl. Lk 9,60) Das war Benedikt XVI. im Laufe seines langen und reichen Lebens – immer ein Verkünder der frohen Botschaft. Er wollte nämlich, dass alle Menschen von Jesus hören und sehen, dass man mit Jesus das Gute entdeckt, das Dynamische und Schöpferische dieser Welt wertschätzen kann und die Kirche unbedingt davon geprägt bleiben muss. Einen ganz wunderbaren Satz hat er geprägt: „Wer glaubt, ist nie allein!“ Ja, das war für ihn bedeutsam: Die Schönheit des Glaubens, zu beten, nachzudenken, gemeinsam zu feiern, miteinander zu reden und den Glauben zu bezeugen. Das gibt Gemeinschaft, die durch das ganze Leben trägt, vor allem auch über die Schwelle des Todes. Davon war er zutiefst überzeugt: „Wer glaubt, ist nie allein!“

Diese einfache Botschaft bleibt als sein Erbe als „Mitarbeiter für die Wahrheit“, auch da, wo seine Wege und so manches dabei schwer zu verstehen bleibt.

Für den verstorbenen ehemaligen Papst und für alle Toten, besonders für alle Opfer der Geschichte, betet Bischof Franz-Josef Overbeck aus Essen.

Die redaktionelle Verantwortung für die Sendung hat Herr Martin Korden.