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Schön

Morgenandacht, 10.01.2023

Autorin: Ruth Schneeberger

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Ich möchte Ihnen heute Morgen von einer Szene erzählen, die ich im Sommer erlebt habe. Da habe ich viel darüber gelernt, was Menschen schön macht.

Es ist Feuerwehrfest in unserem Dorf und ich bin mit unseren drei Töchtern dort. Es ist ein Fest mit allem, was das Kinderherz begehrt: es gibt Pommes und Eis, eine Hüpfburg und ein Feuerwehrauto. Außerdem bietet eine Frau „Kinderschminken“ an und das ist das Highlight für unsere drei Töchter. Die Frau, die das macht, ist eine Bekannte aus dem Dorf. Ramona.
Ramona fasziniert mich, denn sie schminkt die Kinder mit Hingabe. Voller Liebe zum Detail und mit viel Geduld wählt sie die Farben. Sie taucht ihre verschiedenen Pinsel in Eisprinzessinnen-Blau, in Meerjungfrauen-Grün und ein bisschen wertvollen Gold- und Silberglitzer bekommt auch jedes Kind.
Ramona selbst hat sich auch schön gemacht. Sie trägt lange blonde Haare, tolle Ohrringe und ihre Fingernägel sind verrückt. Es sind lauter kleine Flammen drauf. Es sind richtige kleine Kunstwerke.
Ich sehe Ramona, wie sie sich schön gemacht hat und wie sie die Kinder so voller Geduld auch schön macht. So toll das auch ist, mancher wird sich fragen, warum Ramona sich so viel Arbeit macht. Denn spätestens in drei Stunden, wenn die Kinder ins Bett gehen, muss die ganze Kunst wieder ab. Ist das die Mühe wert?
Ich denke: „Ja!“ Denn wenn sich jemand um die eigene Schönheit und auch noch um die der anderen so liebevoll kümmert, dann hat das für mich viel mit Würde und Respekt zu tun. Mit Respekt vor dem eigenen Körper und damit die Würde des anderen zu heben. Natürlich nicht, wenn das Aussehen zum Maß aller Dinge wird und niemand mehr auf das schaut, was einen Menschen im Inneren ausmacht. Aber wenn jemand so wie Ramona ihr besonderes Talent für sich und andere einsetzt, dann ist das wunderbar. Sie setzt das, was sie gut kann, für andere ein – mit Hingabe und Ausdauer. Da kann es schon sein, dass der eigentliche Wert oder das, was man von außen sehen kann, vergänglich ist. Doch für Menschen wie Ramona ist das nicht entscheidend. Sie verschenken was sie können und lieben, und das nicht nur ein bisschen, sondern ganz.
Jetzt ist eine meiner Töchter bei Ramona fertig. Sie kommt mir mit ihrem liebevoll geschminkten Prinzessinnen-Gesicht strahlend entgegen. Sie ist jetzt auf dem Fest etwas Besonderes, die Leute sehen sie an und loben ihr schönes Gesicht. Vielleicht lieben es deshalb so viele Kinder, wenn sie geschminkt werden, weil es ihr Selbstbewusstsein hebt.
Bei diesem Feuerwehrfest ist mir klar geworden, was mein Leben auch im tieferen Sinne schön macht: wenn ich im besten Sinne stolz auf mich sein kann – so wie meine Tochter mit ihrem frisch geschminkten Gesicht. Und wenn ich voller Leidenschaft für das brenne, was ich tue – so wie Ramona. Wenn ich spüre, dass meine Gabe andere froh machen kann.
Ich glaube, dass ich dann auch der Idee näherkomme, die Gott von mir hat. Auch wenn ich manchmal schon an den Punkt gelange, an dem ich mich frage: Lohnt sich mein ganzer Einsatz eigentlich? Steht er im Verhältnis zum Nutzen? Solange ich selbst dabei auflebe, wenn ich meine Stärken einsetzen kann, will ich dran bleiben. Ich will darauf vertrauen, dass mein Tun Sinn macht und irgendjemandem nützt und kostbar ist – vielleicht sogar mehr, als ich es selbst wahrnehme. Denn ich glaube, dass Gott mir meine Talente gegeben hat und dass er mir dazu auch sagt: ‚Lebe aus, was du gut kannst und mache die Welt damit ein Stück bunter und lass sie manchmal sogar glitzern.‘