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Ein Kleid für Maria

Morgenandacht, 02.05.2024

Pfarrer Manuel Klashörster, Salzkotten

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Für manchen Gläubigen war das eine echte Zumutung, als vor einiger Zeit im Aachener Dom die altehrwürdige Marienstatue, die dort als Gnadenbild verehrte Figur aus dem 14. Jahrhundert, plötzlich eine goldgelb funkelnde Rettungsdecke trug.

Doch die Aktion ging nicht etwa auf einen Störer zurück. Das Aachener Domkapitel hatte zuvor einen künstlerischen Wettbewerb ausgerufen. Aufgabe war es, ein zeitgenössisches Gewand für die seit Jahrhunderten verehrte Figur der Muttergottes zu entwerfen.

Ich kenne eine ganz ähnliche Aktion. Im Sauerland machte ein neues Bild für eine Kirche Schlagzeilen, weil es Maria, die Mutter Jesu zeigt, wie sie unter seinem Kreuz steht und dabei Jeans trägt.

Der ein oder andere mag diese Aktionen als unpassend oder provokativ empfunden haben. Für andere und auch für mich selbst allerdings wird genau dadurch eine wesentliche Aussage des christlichen Glaubens begreiflicher. Eine Aussage, die an sich über das menschliche Begreifen hinausgeht: Die Gottesmutter Maria ist ein Mensch, genauso wie jeder einzelne von uns. Sie hat Jesus geboren, der nach christlichem Glaube Gottes Sohn ist. Das heißt: Sie, die selbst Geschöpf Gottes ist, bringt als Mutter den zur Welt, durch den alles geworden ist. Anders gesagt: Aus der Sicht des Glaubens kam Gott durch Maria in unsere Welt als Mensch. Gott ist in Jesus eben nicht nur eine himmlische Gestalt des Jenseits, sondern auch eine Person im Diesseits. Das bedeutet:

Im Christentum können sich die Gläubigen jederzeit an Gott wenden und mit ihm sprechen, zu ihm beten. Er kann und will mich als Mensch mit meinen menschlichen Worten und Gesten verstehen. Nichts ist ihm fremd. Dafür steht eben auch seine ganz irdische Mutter Maria, die wir jetzt in Gottes Nähe wähnen. Und so wurde es üblich, auch zu Maria zu beten. Vielleicht vor allem, weil Maria manchen näher erscheint als Gott, ja eben greifbarer ist. Ihrer Mutterliebe fühlen sich viele Menschen nah und sehen in ihr eine Frau, von der sie verstanden werden. Ähnliches gilt für den Schmerz, den Maria als Mutter erleiden musste, als ihr Sohn starb. Gläubige sehen darin eine Verbundenheit zu den Herausforderungen und Sorgen in ihrem eignen Leben.

Diese Verbundenheit zeigt sich im Monat Mai, der gestern begonnen hat. Es ist vor allem in katholischen Gegenden hierzulande der Marienmonat. Weil er der Wonnemonat ist, in dem alles zu blühen beginnt, hat man ihn schon vor Jahrhunderten mit der Gottesmutter verbunden. Hier zeigt sich die besondere Verehrung.

Marienstatuen werden besonders geschmückt, Marien-Wallfahrten gibt es gerade im Mai sehr viele.

Das mag wie ein Relikt aus alter Zeit erscheinen. Doch hinter dem Brauchtum geht es gerade auch um diesen Aspekt des christlichen Glaubens: Der Ewige gibt sich in die Zeit. Gott teilt sich uns Menschen menschlich mit, nicht nur in Ewigkeit, sondern auch in unserer Zeit, nicht nur an den Feiertagen und zu den Hoch-Zeiten des Lebens, sondern buchstäblich all-täglich, und damit auch in dieser Woche mit ihrem Feiertag und den Werktagen.