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Der Satanssturz

Morgenandacht, 03.05.2025

Andreas Britz, Bellheim

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"Ich sah den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen." (Lk 10,18)

Dieses Jesuswort überliefert Lukas in seinem Evangelium. Ein starker Satz. Und doch wird er nur selten in der Verkündigung der Kirche zitiert. Da ist vom Teufel keine Rede mehr. Das ist durchaus verständlich, wenn man an die Höllenpredigten aus vergangenen Zeiten denkt. Sie haben nicht selten das Licht des Glaubens verdunkelt, die Menschen verängstigt und traumatisiert.

Aber der von Jesus beschriebene "Satanssturz" spiegelt eine existentielle Erfahrung im Leben des Mannes aus Nazareth wider. Viele Bibelwissenschaftler erkennen darin geradezu ein Schlüsselerlebnis, ohne das man Jesus und seine Botschaft gar nicht verstehen kann.

Im Zentrum der Verkündigung Jesu steht die Rede vom Reich Gottes. Das erwarten auch seine jüdischen Zuhörer. Der Erlösung Israels und der Welt wird ein endzeitlicher Kampf vorausgehen. Davon sind die meisten Zeitgenossen Jesu überzeugt. In diesem Ringen stehen sich die Heerscharen Gottes und die des Satans gegenüber. Die himmlischen Mächte werden den Widersacher Gottes besiegen und das Böse vernichten. Bevor es aber dazu kommt, werden der Teufel und seine Dämonen nicht ruhen, die Gläubigen zur Sünde zu verführen. Der Satan, so denkt man, stehe am Thron Gottes und klage die Menschen wegen ihrer bösen Taten an.

Mit dieser Vorstellung räumt Jesus radikal auf. "Ich sah den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen." Demnach gibt es im Himmel keinen Platz mehr für den Widersacher Gottes. Der Kampf ist bereits entschieden. Als Chefankläger gegen den Menschen hat der Satan ausgespielt.

Wie und wann ist Jesus zu dieser Einsicht gekommen? Hatte er eine konkrete Vision?  Das lässt sich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen. Aber die Erfahrung des "Satanssturzes" muss er vor dem Beginn seiner öffentlichen Wirksamkeit gemacht haben. Vielleicht war diese Vision der Grund, weshalb Jesus sich von seinem Lehrer Johannes trennte, der ihn im Jordan getauft hatte. Anders als Johannes versteht Jesus das Reich Gottes nicht als ein Strafgericht über die Welt, das in der Zukunft stattfinden wird. Für Jesus ist die Herrschaft Gottes bereits angebrochen. Die Menschen können sie im Hier und Jetzt erleben. Wer diese Frohe Botschaft annimmt, der muss den Satan nicht mehr fürchten.

Und so verlässt Jesus die Wüste und zieht mit seinen Freunden durch die Dörfer und Städte in Galiläa. Ihr Auftreten macht klar, dass die Macht des Bösen gebrochen ist. "Wie im Himmel, so auf Erden." Das zeigen die zahlreichen Dämonenaustreibungen, von denen das Neue Testament berichtet. Jesus und seine Jünger befreien die Menschen von Krankheit, Einsamkeit oder Schuld. Im Lukasevangelium erklärt Jesus das so: "Wenn ich (aber) die Dämonen durch den Finger Gottes austreibe, dann ist das Reich Gottes schon zu euch gekommen." (Lk 11,20)

Auch heute macht uns das Böse zu schaffen. Vor allem, wenn die Dämonen Hass, Ausgrenzung und Gleichgültigkeit heißen. Manchmal scheinen sie übermächtig zu sein. Dann ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass die dunklen Mächte nicht die Oberhand behalten. Dass jeder am Reich Gottes mitarbeiten kann, wenn er anderen mit Empathie und Mitmenschlichkeit begegnet. Das ist die Verheißung der Botschaft Jesu: Das Gute wird sich durchsetzen.

Über den Autor Andreas Britz

Andreas Britz, Jahrgang 1959, studierte Katholische Theologie und Geschichte in Trier. Seit 1989 unterrichtet er am Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasium im südpfälzischen Germersheim und ist Regionaler Fachberater für Katholische Religion. Zudem ist Britz Autor zahlreicher Unterrichtsreihen und Rundfunksendungen in den Hörfunkprogrammen des SWR.

Kontakt: andreasbritz@web.de