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Sorgenfaltenfrei

Morgenandacht, 04.10.2024

Pfarrer Jürgen Wolff, Zeitz

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"Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!" (Mt 6:24)

Mammon ... Es ist Martin Luther, der dieses Wort aus dem Aramäischen ins Deutsche übernimmt und es damit durch seine Bibelübersetzung sprichwörtlich macht! Mammon – ursprünglich bedeutete dieses Wort "Besitz" oder "Vermögen" – heute wird mit dem Begriff abschätzig ‚das Geld im Allgemeinen‘ bezeichnet, da es zum Herrscher über die Menschen wurde.

Ja! Wer das Geld liebt und nur ihm allein dient, den wird der Zwang zur Wirtschaftlichkeit versklaven – weiß der BWL-Student. Geld ist ein nützlicher Knecht, aber ein grausamer Herr – weiß der Volksmund. Geld macht Sorgenfalten, vor allem macht es unfrei! – weiß jeder, der sich darauf einlässt.

Bekanntermaßen sieht jedes Hamsterrad von innen ja auch aus wie eine Karriereleiter ... und angetrieben wird dieses Rad durch den täglichen Dauerlauf aus Gier, Verlustängsten und Sorgen – bis zur eigenen Selbstaufgabe oder besser Selbstauslöschung ... neudeutsch Burn-out genannt.

Aber von irgendwas muss der Mensch ja leben – heute, morgen und im nächsten Jahr. Und da hilft es wenig, wenn Jesus im Neuen Testament der Bibel, im Evangelium nach Matthäus, die Vögel im Himmel, die nicht säen und ernten, als Beispiele für gottgefälliges, zukunftsfähiges, sorgenfreies Leben heranzieht, genauso wie die Lilien auf dem Feld, die nicht weben und spinnen.

Der Mensch ist sowenig ein Vögelein wie ein Blümelein! Der Mensch ist verantwortungsvoll – besonders dann, wenn er nicht nur für sich alleine sorgen muss. Und dann gehört säen, ernten, weben und spinnen in jeder Art und Weise gelungener menschlich-vorausschauender Zukunftssorge – konkret und im übertragenen Sinne dazu. Vernünftige Vorsorge ist Fürsorge – so steht es in dicken Lettern auf so manchem Versicherungsprospekt. Profitable Geldanlage ist Alterssicherung – die Marketingabteilungen der Banken und Sparkassen wissen wovon sie reden.

Also, welcher moderne Mensch ist schon so naiv und lebt in den Tag hinein, wie es Jesus seinen Zuhörerinnen und Zuhörern empfiehlt? Und doch – meine ich – können, ja, sollen wir Jesus beim Wort nehmen! Er agitiert nicht gegen das Geldverdienen, er votiert nicht gegen schöne Kleidung, er polemisiert nicht gegen gutes Essen. Wogegen ER sich aber wendet, ist das Sich-Sorgen-Machen! Wer sich sorgt, versorgt nämlich niemanden!

Und weil das letzte Hemd bekanntlich keine Taschen hat, jeder Arbeitstag von 9 bis 17 Uhr genügend Kopfzerbrechen macht und mit all dem Sich-sorgen die Uhr des Lebens sich auch nicht eine Minute zurückdrehen lässt, empfiehlt Jesus als vorausschauende Exitstrategie aus diesem Hamsterrad das Tragen einer zeitlos-schicken Trachtenmode: "Trachtet zuerst nach der Gerechtigkeit der Welt Gottes", so hören wir Jesus! Denn die kleidet nämlich zeitlos und sorgenfaltenfreier als jedes noch so modisch, eng-sitzende Businessoutfit.

Genuss und Status als jederzeit endlich zu betrachten, das Herz an Gott und die Menschen zu verschenken statt ans Geld zu verlieren, innere Distanz zum Besitz zu halten, sich in Gott geborgen zu wissen – das alles kann mensch vernünftiger finden, als jede Art von überversorgtem Wohlstandswachstum und hochbesorgtem Optimierungszwang.

"Tue zuerst das Notwendige, dann das Nützliche, dann das Schöne – und all das Wunderbare fällt Dir einfach zu!", so sagte es der Hl. Franz von Assisi ... einst modisch-gewandetes, sorgenvolles Millionärssöhnchen UND dann – nach seinem Ausstieg aus dem Hamsterrad – zeitlos-schicker, sorgenfaltenfreier Bettelmönch!

Über den Autor Pfarrer Jürgen Wolff

Dr. Jürgen A. Wolff wurde 1971 in Birkesdorf/Düren geboren. Nach seiner Ausbildung in Deutschland und dem Studium der Betriebswirtschaftslehre in England hat er über zwanzig Jahre im In- und Ausland in der Finanzbranche gearbeitet; davon die meiste Zeit in China. Im Rahmen seiner Promotion in England entschied er sich Theologie zu studieren und seiner Berufung zu folgen, Priester zu werden. Nach dem Abschluss des Theologiestudiums in Erfurt begann er 2018 seine pastorale Ausbildung im Bistum Magdeburg, arbeitet nun als Diakon in Bitterfeld und bereitet sich dort auf die Priesterweihe vor. Permanent Horizonte zu erweitern, ist sein Bestreben; Energie und neue Anstöße findet Dr. Wolff durch die Literatur und in der klassischen Musik – besonders in den Werken Händels! Seit 2023 ist er Pfarrer in Zeitz.