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Stimmt die Richtung?

Morgenandacht, 06.03.2023

Steffen Flicker, Fulda

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Es gibt manchmal Momente im Leben, in denen ich mich frage: Tue ich eigentlich gerade das Richtige? Und was ist überhaupt das Richtige? Wer kann mir sagen, woran ich das Richtige erkenne?

Bei einer Wanderung gelange ich an eine Weggabelung, an der ich mich entscheiden muss: Gehe ich nach links oder nach rechts? Diese Entscheidung ist ja bei einer Wanderung nicht immer von weitreichender Dimension. Bei den Weggabelungen in meinem Leben kann das Entscheiden schwieriger sein: Was mache ich aus meinem Leben? Wer kann mich dabei beraten? Gehe ich neue Herausforderungen ein - oder gehe ich auf "Nummer sicher"? Wo ist mein Platz in meinem Leben?

Ein Navi für solche Lebensentscheidungen wäre eine tolle Erfindung. Aber an solchen Weggabelungen bin ich oft selber gefragt. Die Entscheidung kann mir niemand abnehmen.

Von einer ähnlichen Situation wird im Lukas-Evangelium berichtet. Jesus sucht Gleichgesinnte, die mit ihm gemeinsam unterwegs sind, um den Menschen von Gott zu erzählen. Bei dieser Suche trifft er auf Simon, einem einfachen Fischer. Als Jesus Simon fragt, ob er ihn unterstützen könnte, zeigt sich dieser unentschlossen. Da sagt Jesus: "Fürchte dich nicht. Von nun an wirst du Menschen fangen" (Lk 5,10).

Ja, so zögernd wie Simon hätte ich wohl auch reagiert. Ich weiß nicht, was auf mich zukommt, wenn ich alles stehen und liegen lassen und etwas Neues wagen soll. Das Vertraute kenne ich, gibt mir Sicherheit. Routine hilft. Aber das Neue kann Unwägbarkeiten mit sich bringen. Worauf lasse ich mich ein?

Sich auf etwas Neues einzulassen, stellt immer eine Herausforderung dar. Und eine solche Herausforderung hat sicher immer zwei Dimensionen: Das Reizvolle des Neuen und die Unsicherheit des Neuen. Was gebe ich auf? Und welche neuen Erfahrungen können mich bereichern?

Simon wird von Jesus ermutigt. Der Fischer, der ein Leben lang Fische gefangen hat, wird jetzt "Menschen fangen". Sicher: Das klingt vielleicht etwas ungewöhnlich, vielleicht auch radikal. Aber das "Fangen" ist ja nicht als Jagd zu verstehen. Vielmehr vermittelt dieses Bild das Anliegen: "Geh auf Menschen zu. Du kannst sie für das gewinnen, was dich begeistert. Du fischst sie für deine Sache, die dadurch groß werden kann."

Im konkreten Fall des Simon hieß das: "Lass dich auf das ein, was du an meiner Seite erfahren wirst. Dass Gott nahe ist und erfahrbar, dass er die Menschen liebt. Dass Großes geschehen kann, wenn sie sich auf diesen Gott einlassen." Das ist die positive Kraft unseres Glaubens.

Natürlich gibt es zu dem Weg, den ich gerade in meinem Leben einschlage und gehe, viele Alternativen. In der Volkswirtschaft spricht man von den sogenannten Opportunitätskosten. Das sind Kosten, die entstehen, wenn ich mich zum Beispiel für einen bestimmten Job entscheide und damit zugleich auf einen anderen Job verzichte. Aber sich zu lange mit den Alternativen und dem Verzicht auf die damit verbundenen Möglichkeiten zu befassen ist sicher nicht sinnvoll, denn: Wenn ich mich damit ein halbes Leben beschäftige, komme ich kaum mehr zum Leben.

Andererseits bedeutet Verzicht auch etwas Positives. Wenn ich etwas weglasse, dann kann ich einen Weg lassen. Es öffnen sich also mit dieser Entscheidung neue Wege, die mir auch neue Energie geben können.

Die Frage, ob die Richtung meines Lebens stimmt, lässt sich nicht leicht beantworten und niemand kann sie mir abnehmen.

Wenn ich mich also frage: Wo ist mein Platz? Dann kann ich vielleicht darauf besser eine Antwort finden, wenn ich zugleich frage: An welchem Platz kann ich durch mein Handeln anderen Menschen etwas Gutes tun?

Dann gewinnt das, was ich tue, einen Sinn und erfüllt mich. Und dann stimmt auch die Richtung.

Über den Autor Steffen Flicker

Steffen Flicker, Studiendirektor, verheiratet, zwei Kinder, wohnhaft in Fulda, seit August 2018 Schulleiter des Marianum Fulda, einer katholischen Privatschule, gegründet von den Marianisten.

2016 - 2018 Pädagogischer Leiter der Marienschule Fulda
2010 - 2016 am Studienseminar für Gymnasien in Fulda Ausbildungsbeauftragter für
die Referendare im Fach Politik und Wirtschaft 2003 - 2018 Studienrat an der Marienschule Fulda
2001 - 2003 Studienreferendar an der Winfriedschule Fulda
Studium der Germanistik, Politikwissenschaft und katholischen Theologie
an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken
seit November 2016 im Ehrenamt Mitglied im ZdK (Zentralkomitee der deutschen Katholiken)
seit November 2012 im Ehrenamt Vorsitzender des Katholikenrates im Bistum Fulda
seit November 2000 im Ehrenamt Vorstandsmitglied im Katholikenrat im Bistum Fulda
von April 2002 bis April 2008 im Ehrenamt Vorsitzender des BDKJ (Bund der Deutschen Katholischen
Jugend) im Bistum Fulda