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Fasten – Warum?

Morgenandacht, 06.03.2025

Diakon Willibert Pauels, Gummersbach

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Seit gestern sind wir in der 40-tägigen Fastenzeit. Wer jedoch die Tage von Aschermittwoch bis Ostern nachrechnet, der kommt auf insgesamt 46 Tage. Richtig, aber, was kaum jemand, auch von den Katholiken weiß: Die Sonntage müssen abgezogen werden, denn an den Sonntagen soll grundsätzlich nie gefastet werden. Es ist immer ein Freuden- und Festtag. Dann aber kommt man tatsächlich auf genau 40 Tageseinheiten. Der Grund ist für Christen klar. Genau so lang fastete Jesus in der Wüste, so erzählt es das Evangelium. Zeiten des Fastens gibt es übrigens in allen großen Religionen.

Aber warum? Es entspricht doch der Natur jedes Lebewesens, zu essen und zu trinken, wenn man Hunger und Durst hat. Ein hungriges Tier käme niemals auf die Idee, auf Futter zu verzichten, wenn es vorhanden ist. Dazu möchte ich den wunderbaren, leider viel zu früh verstorbenen Schriftsteller Michael Ende, den Autor von "Jim Knopf", "Momo" und der "Unendlichen Geschichte", zitieren: Er stellte sich die oft diskutierte Frage: "Was unterscheidet den Menschen vom Tier? Gibt es überhaupt einen wesentlichen Unterschied?" – "Oh ja", meint Ende, "ein Königstiger kann sich niemals entscheiden Vegetarier zu werden; eine Honigbiene niemals statt fünf, einmal sechs Ecken in ihre Wabe einzubauen. Ein Tier ist entschieden. Ein Mensch entscheidet."

Sich gegen seine Natur, trotz Hunger und anderer Gelüste, sich dagegen zu entscheiden und auf die mögliche Erfüllung dieser Lust darauf zu verzichten ist eine Frage des Willens. Fastenzeiten sind also Trainingszeiten, meinen freien Willen zu stärken. Damit haben wir schon einen Grund für das Fasten entdeckt. Es gibt aber noch weitere. Alle, die es ausprobiert haben, schildern, dass nach einer Phase der Mühe und Sich-Quälens, unweigerlich eine Entspannung und innere Ruhe einsetzt. Sowohl Ernährungsexperten als auch Psychologen bestätigen, dass körperliches Fasten eine Art der Entgiftung für Leib und Geist sein kann. Kurz gesagt: Fasten tut gut. Der wichtigste Grund aus religiöser Sicht ist aber: Fasten ist nie Selbstzweck, oder Abkehr von sündiger Welt. Auch diese Begründung gab und gibt es ja.

Nein, die Fastenzeit ist vor allem eine Einladung, eine Zeit bewusst anders zu leben, eingefahrene Gewohnheiten, die vielleicht zu viel Macht über uns gewonnen haben, zurückzufahren, den dafür gewonnen Platz nutzen, das eigene Leben bewusst zu überdenken, einen kreativen Aufbruch zu wagen. Die Fastenzeit ist dann eine bewusste Herausforderung, die letztlich aber einem selbst guttut und keine Entbehrung. Dabei ist ein offener Blick auf unsere notwendigen Bedürfnisse und unsere Sehnsucht wichtig. Bewusstes Verzichten ist eine Möglichkeit, die verdrängte Sehnsucht neu zu entdecken. Wir werden so aufmerksamer für den Sinn unseres Lebens. Religiös gesprochen geht es darum, Gott in meinem Leben zu entdecken.

Eines aber ist dabei unverzichtbar: Fasten darf niemals mit Zwang einhergehen, sondern ist immer ein zielgerichtetes Handeln zur inneren Freiheit. Im Christentum ist es der "Anlauf" zum Osterfest. Man könnte es runtergebrochen auch so formulieren wie der Kabarettist, Bestsellerautor und Psychiater Manfred Lütz, der sagt: "Der Sinn des Fastens ist, dass der Osterbraten doppelt gut schmeckt."

Über den Autor Willibert Pauels

Willibert Pauels ist katholischer Diakon und rheinischer Karnevalist. Bekannt wurde er einem breiteren Publikum von seinen Auftritten als Büttenredner  bei unzähligen Fernsehsitzungen. Der katholische Diakon hat sich dabei als "Ne bergische Jung" einen Namen gemacht und Frohsinn verbreitet. Pauels (Jahrgang 1954) wuchs als drittes von vier Kindern in Wipperfürth im Bergischen Land auf. Nach dem Abitur studierte er Katholische Theologie in Bonn und Münster, zunächst mit dem Ziel, Priester zu werden. Später entschloss er sich für die Ehe und absolvierte zusätzlich zum theologischen Diplom eine Ausbildung zum Freizeitpädagogen und wurde nach der entsprechenden Vorbereitung 1993 zum ständigen Diakon geweiht.

Kontakt: ne-bergische-jung@t-online.de