"Und immer wenn es Zeit wird zu gehen, verpasse ich den Moment und bleibe stehen." Das singt der deutsche Sänger Joris in seinem Song: "Herz über Kopf".
Ja, manche Menschen meinen, dass sie im Leben bestimmte Zeitpunkte verpasst haben. Jeder kennt das Gefühl: Ich bin zu spät! Doch im Lied geht es nicht darum, einen Bus verpasst zu haben oder einen wichtigen Arzttermin. Es geht eher um die Situation, wie in einem Geistesblitz plötzlich zu spüren: "Dafür ist es jetzt einfach zu spät!" Ich habe einfach den Moment verpasst!
In dem Lied singt Joris weiter: "Der Zug ist abgefahren, die Zeit verschenkt." Das kommt mir irgendwie bekannt vor: Verschenkte Zeit. Und jetzt ist es vorbei.
"Den perfekten Moment" - "Den magischen Moment"- Gibt es den wirklich? Und wenn ja, kann es sein, dass ich ihn jedes Mal verpasse, wenn er da ist? Vielleicht erkenne ich ihn erst gar nicht?
In der Bibel ist davon auch die Rede. "Macht es trotzdem! Werft die Netze nochmal aus!" So oder so ähnlich muss die Aufforderung gewesen sein. Jesus ruft sie seinen müden, ja maßlos enttäuschten Freunden zu. Ohne jeden Erfolg kamen sie vom Fischen zurück ans Ufer. Sie hatten die ganze Nacht auf ihren Fischerbooten auf dem See verbracht. Und nichts gefangen! In dieser Frust-Stimmung erreicht die Motivation ihren Nullpunkt. Ausgerechnet in dieser Situation sagt jemand: Probiert es doch nochmal! Wahrscheinlich hätte ich gedacht: Der hat leicht reden!
Mutig! Da strahlt jemand Zuversicht aus: "Auf geht's!" - "Diesmal klappt es!"
Und tatsächlich: Die Fischer fahren nochmals los und machen den ganz großen Fang! Sie erleben ihren magischen Moment.
Es muss ja nicht gleich ein großer Fischfang sein. Aber in unseren Beziehungen zu anderen Menschen gibt es ja ähnliche Situationen. Es gab einen Streit. Irgendwie gibt es nichts mehr zu sagen. Gespräche haben keinen Sinn mehr. Du bist für mich gestorben! Das geht uns im Zorn über die Lippen. Die Wut ist einfach zu groß.
Ist es dann zu spät? Der Zug endgültig abgefahren?
Wie wäre es, wenn ich nach langem Warten heute den Anfang mache? Den berühmten "ersten Schritt" auf den Menschen zugehe, mit dem ich im Streit auseinandergegangen bin.
"Wir können das Wunder des Lebens nur richtig verstehen, wenn wir zulassen, dass das Unerwartete geschieht." – So schreibt Paulo Coelho in einem seiner Bücher. Damit ist eine entscheidende Grundhaltung beschrieben, auf die es im Leben ankommt: Überraschungen zulassen – mit einer Offenheit durch das Leben gehen, damit auch Unerwartetes geschehen kann. Es sind oft kleine Momente, in denen Unerwartetes passiert.
Bei Paulo Coelho heißt es weiter: "Der magische Augenblick eines Tages hilft uns, etwas zu verändern, lässt uns aufbrechen, um Träume zu verwirklichen." Genau das ist es: Ein kleiner Schritt im Alltag, der mich aufhorchen lässt, der mich aus meinem Trott ausbrechen lässt. Und dann kann eine Veränderung eintreten, die mein Leben heller und reicher macht.
Wann genau es magische Momente im Leben gibt, kann uns niemand so recht voraussagen. Wenn ich aber offen und aufgeschlossen bin, dann kann auch Unerwartetes geschehen.
Aber ich bin überzeugt: Es ist nie zu spät! Auch wenn alle Menschen um mich herum sagen: Damit brauchst Du doch gar nicht erst anzufangen! Das bringt jetzt eh nichts mehr. Lass es lieber sein!
Ach was! Zukunft haben wir noch genug! Mut und Zuversicht sind gefragt. Lassen wir uns doch unsere Chancen und Potenziale nicht nehmen, die wir haben. Es ist nie zu spät!