Vor einigen Wochen war ich auf der Durchreise im Salzkammergut: das Grün der Wälder und Wiesen hat mir gut getan, die Bergblumen faszinierten mich, natürlich die Berge und Seen. Aber am meisten war ich von den rauschenden Gebirgsbächen beeindruckt. Gletschermilch sagen die Einheimischen. In der Tat ein aufregendes Zusammenspiel von den Wassern oben in Gestalt von Eis oder auch Regenwolken – und den strömenden Wassern unten, die ins Tal donnern oder plätschern. "Gelobt seist du, Schwester Wasser, gelobt ob deiner Klarheit und Schönheit", so jubelte der heilige Franz von Assisi.
Dazu kommt die Bedeutung des Wassers als Nahrungsmittel: Zum Überleben ist es elementarer als feste Speise. Wasser belebt und reinigt. Nicht zu vergessen: Mein eigener Körper besteht aus so viel gebundenem Wasser. Wirklich, ein Weltelement, und inzwischen weltweit so knapp.
"Gelobt bist du, Schwester Wasser", diese franziskanische Lobgebet auf die Schöpfung hat einen besonderen Klang voller Dringlichkeit heute. Zu gefährlich ist die Verschmutzung von Grund- und Trinkwasser, zu dramatisch die Vermüllung der Meere, zu irritierend die verrückten Wetterspiele zwischen Versteppung und Überflutung. Schon kommen die ersten Kriege ums Wasser in Gang, zuerst ökonomisch und dann militärisch. Von "Schwester Wasser" wie bei Franziskus scheint keine Rede mehr. Und doch hängt genau an dieser ökologischen Geschwisterlichkeit unser Zusammenleben. Wie die Luft ist das Wasser ein Geschenk, das allen gehören sollte im Teilen und Austeilen.
Luft und Wasser – in allen Religionen spielen sie von jeher eine besondere Rolle: Ihre elementare Kraft gilt als göttliches Geschenk. So wird auch das Christwerden seit Gründungszeiten beschrieben als Neue Geburt "aus Wasser und Geist". Der Wind, der über das Wasser streichelt oder auch stürmt und das Wasser, das sich bewegen lässt, werden zum Inbild für jene göttliche Lebenskraft, die Christen "Heiliger Geist" nennen, den Lebendigmacher. Keineswegs also ein Luftikus oder ein Gedankenspiel sondern eben weltgestaltende Schöpferkraft, die Leben und Zusammenleben überhaupt erst ermöglicht und ständig schafft. "Getauft mit Wasser und Heiligem Geist" – miteinander verbunden wie im menschlichen Körper, ein einziges Lebenselixier.
Die Taufe, Geburtsstunde des Christenlebens, wurde in den ältesten Zeiten als reales Untertauchen gefeiert. Bis heute ist das ein starkes Symbol für das mutige Eintauchen in die Fluten des Lebens und Glaubens. "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass" – sagen die einen. Lebens- und Gottesmutige dagegen lassen sich durch und durch berühren von der Ausstrahlung Jesu, von der Geisteskraft Gottes. "Was befleckt ist, wasche rein, Dürrem gieße Leben, heile du, wo Krankheit quält", heißt es im uralten Pfingsthymnus, der den Heiligen Geist besingt. Und Hilde Domins großes Gedicht "Bitte" beginnt mit den Versen: "Wir werden eingetaucht/und mit den Wassern der Sintflut gewaschen/wir werden durchnäßt/bis auf die Herzhaut".
Kein Zufall, dass alle Religionen heilige Waschungen kennen. In den muslimischen Moscheen gibt es förmliche Wasch- und Baderäume, um mit der Waschung des Körpers zugleich Geist und Seele zu reinigen, um der Begegnung mit Gott gewachsen zu sein. Das Weihwasserbecken an den Türen christlicher Kirchen erinnert an die eigene Taufe und das Geschenk einer geistlichen Lebenswende.
In der letzten Strophe heißt es in Domins Gedicht: "Und daß wir aus der Flut/ daß wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen/ immer versehrter und immer heiler/stets von neuem/zu uns selbst/ entlassen werden" – und, so setze ich fort, zu Gott, dem heiligen und heilenden Geist.