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Tag des Lichtes

Morgenandacht, 16.05.2025

Pfarrer Christoph Seidl, Regensburg

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"Sind Sie unter die Piraten gegangen?", frage ich meinen Nachbarn, der mir mit einer Augenklappe entgegenkommt. "So ähnlich könnte man es sagen", scherzt er zurück, "ich habe es mit dem Grauen Star aufgenommen und habe gewonnen!" Mein Nachbar kommt grade von einer Laser-Behandlung zurück; noch etwas benommen, aber glücklich spricht er von einem völlig neuen Lebensgefühl. Das getrübte Augenlicht ist wieder ganz klar geworden durch den Laser, also einen gebündelten Lichtstrahl.

Heute feiert der Laserstrahl seinen 65. Geburtstag. Die UNESCO hat diesen Tag daher zum Internationalen Tag des Lichtes erklärt. Dabei geht es nicht nur um das spezielle Laser-Licht, sondern um Licht in allen möglichen Bereichen: In Kunst, Kultur, Bildung, Unterhaltung, in Medizin und nicht zuletzt im Hochgeschwindigkeits-Internet – überall spielt Licht eine nicht wegzudenkende Rolle! Licht ist Lebensenergie. Gut, wenn man erkrankten Augen wieder zu mehr Lichteinfall verhelfen kann!

Da denke ich aber auch an einen guten Freund von mir, der durch eine degenerative Augenerkrankung immer weniger sehen kann, für den es sozusagen immer dunkler in der alltäglichen Wahrnehmung wird. Sein Lebensplan, nach seinem Musikstudium in einem großen Orchester mitspielen oder ein solches irgendwann auch leiten zu können, ist zerplatzt. Aber ich staune immer wieder, was er trotz dieses schweren Schicksals auf die Beine stellt: Ein begnadeter Musiker ist er ja allemal – so leitet er eine weithin bekannte Musikschule; er ist ein gefragter Solist in der Kirchenmusik oder bei anderen festlichen Anlässen. Und er ist aktiv in der Politik und hat es sogar bis zum stellvertretenden Bürgermeister gebracht. Zudem engagiert er sich mittlerweile weltweit für die Erforschung seiner seltenen Augenkrankheit, die möglicherweise irgendwann auch zu bisher unbekannten Heilungsmöglichkeiten führen wird.

Wenn ich ihn besuche und wir gemeinsam durch die Stadt gehen, gibt es kaum eine Ecke, aus der nicht jemand freundlich grüßt – und mein Freund, der ein exzellentes Gehör hat, grüßt mit Namen zurück. Natürlich macht ihm die Dunkelheit schwer zu schaffen. Auf der anderen Seite aber erkenne ich bei ihm ein so helles inneres Licht, dass es nicht nur ihm selbst den Weg zeigt, sondern auch noch vielen anderen Menschen leuchtet. Sein Licht leuchtet als ein liebenswerter Freund, sein Licht leuchtet aber auch in beeindruckender Weise als ein Mensch, der mit seinem Handicap so umzugehen gelernt hat, dass viele andere von seinem Engagement profitieren können. Ich staune über die Kraft, die er immer wieder angesichts seiner Einschränkung an den Tag legt. Und ich muss bei ihm an ein Bibelzitat denken. Da sagt Jesus seinen Jüngern: "Ihr seid das Licht der Welt!" (Mt 5,14) Gerade bei meinem so stark sehbehinderten Freund erkenne ich dieses innere Licht, das Menschen selbst zu leben hilft und das Menschen füreinander sein können.

Und ich finde das nicht banal, weil ich weiß, dass mein Freund mit dem Handicap sich auch an diesem Licht orientiert! Für ihn spielt der Glaube persönlich eine sehr große Rolle, also die Überzeugung, dass er mit seiner Einschränkung nicht im Stich gelassen ist. Das hat nichts mit Heldentum zu tun, denn manchmal verlässt auch ihn der Mut und er hat einen Durchhänger. Aber das innere Licht seines Glaubens hilft ihm immer wieder, darüber hinwegzukommen und für andere zu leuchten. Deswegen soll auch für ihn der heutige Tag des Lichtes ein besonderer Tag der Ermutigung sein – und für alle, die sein Leiden teilen!

Über den Autor Christoph Seidl

Pfarrer Christoph Seidl wurde 1967 geboren. Er stammt aus Regensburg und ist seit 1992 Priester im Bistum Regensburg. Nach der Kaplanszeit in Straubing arbeitete er in der Priesterausbildung mit und war Studentenpfarrer in Regensburg. Pfarrer Seidl ist als Seelsorger für Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen im Bistum Regensburg tätig und als Gemeindeseelsorger in Regensburg – Harting.

Kontakt: seidl@seelsorge-pflege.de