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"Wir sagen euch an den lieben Advent"

Morgenandacht, 16.12.2023

Claudia Zinggl, Triefenstein

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"Wir sagen euch an den lieben Advent" – wenn Abend in den Gottesdiensten mit diesem Lied der dritte Sonntag in der Adventszeit begrüßt wird, ist klar: Wir sind gewissermaßen bereits in der zweiten Halbzeit – Weihnachten ist schon nahe herangerückt.

Noch besteht also Gelegenheit, sich zu besinnen, worum es geht in dieser Zeit. Mit seinem ganz eigenen Charakter bietet der Advent die Chance, voranzukommen auf dem Weg des Lebens und vielleicht auch auf dem Weg des Glaubens.

Der Auftakt am ersten Advent hat sich auf das Thema "Wachsamkeit" konzentriert. Die Menschen sollen aufmerksam sein und erkennen, was nötig ist, um gut zu bestehen in all den Herausforderungen des Lebens. Am zweiten Advent war "Umkehr" das Stichwort mit dem Appell: Die Menschen sollen auf ihr Leben schauen und das verändern, was nicht passt, womit sie sich selbst und der Welt schaden. Sie sollen Lebensgrundlagen schaffen, dass alle ein gutes Auskommen haben.

Ein Text, der in den Sonntagsgottesdiensten heute abend und morgen vorgelesen wird, gibt dem dritten Advent seine Überschrift. "Gaudete" ist das Anfangswort, übersetzt heißt das: "Freuet euch" und daran schließen sich diese Sätze an: "Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Und noch einmal sage ich: Freut euch! Alle in eurer Umgebung sollen spüren, wie freundlich und gütig ihr seid. Der Herr kommt bald! Sorgt euch um nichts." (Phil 4,4ff).

Eine solche Aufforderung kann momentan schon sehr befremden. – Ist das nicht naiv – etwa "don't worry, be happy" im christlichen Kontext? In einer Welt, in der Kriege geführt werden und Kinder verhungern, in einer Welt, in der wirtschaftliche Interessen über dem Allgemeinwohl stehen, da ist einem nur wenig nach Freude zumute. Angesichts von Armut, Einsamkeit, Krankheit, Terror – wie soll da Freude aufkommen?

Um darauf eine Antwort zu finden, lohnt es sich, diese Sätze noch einmal genauer zu betrachten. Der Apostel Paulus hat sie im Gefängnis aufgeschrieben. Dort erlebt er grausame Strafen am eigenen Leib und er weiß nicht, wie es mit ihm ausgehen wird.

Wenn Paulus dennoch zur Freude aufruft, geht es ihm nicht um dauerhaften Freudentaumel. Freude ist für ihn wie ein innerer Antrieb, sich den äußeren schrecklichen Umständen zu widersetzen. Sie dürfen keine Macht über ihn gewinnen. Allein Gott darf über ihn bestimmen. Das ist für Paulus der Hauptgrund zur Freude. Denn er hat erfahren, dass Gott die Menschen niemals aufgibt. Vielmehr kommt er ihnen entgegen und schließlich ist er als Mensch in die Welt gekommen. Das wird an Weihnachten gefeiert.

Bis dahin und darüber hinaus ist es nun an uns, der Freude Raum zu schaffen. Wie das gehen kann, dafür hat Paulus auch eine Empfehlung: Gütig und freundlich sein. – Gütig und freundlich sein kann heißen: nachsichtig miteinander umgehen, Wertschätzung schenken, einander zuhören und Mitgefühl zeigen, einander Mut machen. Auch die Tasse Kaffee, die mir die Kollegin mit einem Lächeln hinstellt, damit ich durchhalte in der Schlussphase eines Projekts, zählt zu den Freundlichkeiten, die das Leben mit Freude erfüllen. 

Wenn ich solche und viele andere kleine Freudenmomente aneinander füge, beginne ich zu ahnen, was der Engel an Weihnachten – damals den Hirten und heute auch uns – sagt: "Ihr braucht keine Angst mehr zu haben. Ich verkündige euch eine große Freude." (Lk 2,10)

Über die Autorin Claudia Zinggl

Claudia Zinggl Theologin (JMU Würzburg), Geragogin (PH Karlsruhe). Bis zum Eintritt in die nachberufliche Phase Pastoralreferentin im Bistum Würzburg mit Aufgaben in  der Pfarreiseelsorge, in der Bildungsarbeit und in der kirchlichen Seniorenarbeit. Verfasserin von Beiträgen "Auf-ein-Wort" und "Katholische Morgenfeier" (BR).