Es ist schön, einen Menschen Schatz nennen zu dürfen, aber auch selbst Schatz genannt zu werden. Wenn dieses Wort nicht inflationär gebraucht wird, signalisiert es höchste Wertschätzung. Wertschätzung ist der Nährboden für eine gelingende Existenz. Wie die Pflanzen so braucht auch der Mensch Dünger für seine Entfaltung, aber nicht ab und zu mal, sondern in einer geregelten Dosis, nicht zu viel aber auch nicht zu wenig, immer aber ehrlich.
"Wertschätzung" wird oft gleichgesetzt mit Lob oder Anerkennung für eine Leistung. So wird Wertschätzung aber zu einem Instrument degradiert, angewendet unter anderem im Personalmanagement. Wertschätzung aber ist mehr, sie kommt von Herzen und ist eine Geistes-Haltung einem anderen Menschen gegenüber, der damit als ganzer gemeint ist, unabhängig von dem, was er leistet. Wertschätzung konkretisiert sich in Achtsamkeit, Sorge, menschlicher Wärme; in Zugewandtheit und Freundlichkeit. Wertschätzung fördert so das Selbstwertgefühl derer, die sie erreichen soll, aber auch jener, die sie zum Ausdruck bringen.
Die Steigerung des Selbstwertgefühls durch Wertschätzung spricht der Evangelist Lukas im Neuen Testament der Bibel wie folgt an: Ein Mann namens Zachäus lebt in Jericho. Er ist Zöllner, von kleiner Gestalt, aber durch die Besatzer Roms ausgestattet mit der Macht, Steuern einzutreiben. Sein Ansehen ist gleich Null. Zachäus ist von der Anziehungskraft Jesu begeistert. Er hört von seinem anstehenden Besuch in der Stadt. Da er aber von kleiner Gestalt in der Menge untergeht, steigt er auf einen Baum am Rande des Weges, um auf sich aufmerksam zu machen. Doch der, der da "oben" auf sich alleine aufmerksam macht, wird aus der Perspektive Jesu von "unten" entdeckt als einer, der zu etwas besonderem in der Lage ist, nämlich Gastgeber zu sein. Deshalb bleibt Jesus vor diesem Baum stehen und sagt: "Steig runter, geh nach Hause und lade mich ein, du bist mir wichtig." (Vgl.: Lukas 19, 1-11)
Jesus hat Interesse an dem, was Zachäus zu erzählen hat, was er erlebt, erlitten und was ihn auf den Baum, ja, was ihn auf die Palme gebracht hat. Jesus geht es darum, sein Gegenüber zu Wort kommen zu lassen, einer potentiell anderen Wahrnehmung Raum zu geben.
Die Wertschätzung, die Zachäus in der Begegnung mit Jesus erlebt, verdichtet der Autor Eugen Roth so: "Ein Mensch ist manchmal wie verwandelt, sobald man menschlich ihn behandelt."
Ja, Wertschätzung ist ein Ausdruck von Menschlichkeit. Wertschätzung hat eine einfache, klare Sprache: "Mensch, du bist wertvoll, da du ein einmaliger Schatz bist."
Der Jesuit Karl Rahner hat Wertschätzung in einem Gebet so verdichtet: "Herr, da ist der andere, mit dem ich mich nicht verstehe. Er gehört dir, du hast ihn geschaffen, du hast, wenn nicht so gewollt, ihn so gelassen, wie er eben ist. Wenn du ihn trägst, mein Gott, will ich ihn auch tragen und ertragen, wie du mich trägst und erträgst."