Er brauchte 7 Tage, 18 Stunden und 49 Minuten. Dann hatte es der Amerikaner Wiley Post geschafft. Als erster hatte er ganz allein mit einem Flugzeug die Welt umrundet. Das war im Juli 1933. 50.000 Zuschauer erwarteten ihn bei der Landung und jubelten ihm zu. Man muss sich das einmal vorstellen, mit welch atemberaubender Geschwindigkeit der technische Fortschritt durch das Leben gerast ist. Gerade mal 30 Jahre vorher, 1903, waren die Brüder Wright zu ihrem ersten Hopser für 12 Sekunden von der Erde abgehoben. Noch am gleichen Tag schafften sie es auf 250 Meter. 1933 umrundet Wiley Post allein die Erde mit dem Flugzeug. Und 1969, wieder gut 30 Jahre später, stehen die ersten Menschen auf dem Mond. Wahnsinn.
Ich muss zugeben: zwei Herzen schlagen da in meiner Brust. Auf der einen Seite die Bewunderung für Menschen wie Wiley Post. Die brennen für eine Sache. Die gönnen sich keine Ruhe, bis sie ein erkanntes Problem oder eine unüberwindlich erscheinende Hürde irgendwie gemeistert bekommen. Sie sind der Motor jeden Fortschritts. Auf der anderen Seite ist da bei mir eine gehörige Portion Skepsis gegenüber dem berühmten "Schneller-Höher-Weiter", das unsere menschliche Gesellschaft so sehr bestimmt. Wie die Überschallpassagiermaschine Concorde. Eigentlich völlig unnötig, aber ein Prestigeobjekt. Die fliegt zum Glück schon lange nicht mehr. Zu dreckig, zu teuer, zu laut. Flugzeugbenzin wird allerdings bis heute vom Staat kräftig subventioniert.
Damit möglichst viele Menschen möglichst schnell, möglichst weit an möglichst viele Orte der Welt kommen können. Auch das ist Wahnsinn, allerdings nicht wie im Fall der Weltumrundung Wiley Posts vor 90 Jahren positiv sondern – zumindest für mich – eher negativ besetzt. Und ein ökologisches Problem.
Heute stehen wir vor ganz anderen technischen Herausforderungen. Wie kommen wir weg von fossilen Brennstoffen. Das ist das Thema des 21. Jahrhunderts. Und ich muss ehrlich zugeben, ich habe da auch keinen Masterplan. Dabei hat meine Katholische Kirche schon vor 40 Jahren Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung als die drei Säulen für ein gutes Leben für alle Menschen erkannt und gefordert.
2015 hat Papst Franziskus mit seiner Enzyklika "Laudato Si" einen neuen Anlauf gemacht. Mit einem rein technologischen Fortschrittsglauben, gepaart mit einem rein auf Gewinn ausgelegten Wirtschaftssystem und Moralvorstellungen, wonach sich jeder selbst der Nächste ist, da fährt die Menschheit die Welt und sich selbst an die Wand. So lautet zusammenfassend die Warnung des Papstes. Und er ruft die Weltgemeinschaft zu einem fundamentalen Umdenken und jeden Einzelnen zu einem umweltbewussten und nachhaltigen Lebensstil auf.
So weit so gut. Aber in der Praxis zeigt sich, dass der gute Wille oft dort aufhört, wo es an den eigenen Geldbeutel geht. Siehe die aktuelle Diskussion um das neue Heizungsgesetz. Gibt es da überhaupt eine Lösung, ohne dass es irgendwann irgendwie weh tut? Ich glaube, eher nicht. Und so schlimm wie es klingt: Vielleicht muss es mir sogar erst wehtun, damit ich kapiere, dass ich etwas tun muss.
Wiley Post, der als erster Mensch die Welt im Alleinflug umrundete, hätte das wohl nie geschafft, wenn ihm nicht zuvor ein schlimmes Unglück zugestoßen wäre. Er verlor bei einem Arbeitsunfall ein Auge. Von der Entschädigung, die er von seiner Firma erhielt, kaufte er sich sein erstes Flugzeug.
Der Rest ist dann Geschichte. So etwas wünsche ich natürlich niemandem, das ist ja klar. Aber es wäre gut, wenn wir die Herausforderungen der heutigen Zeit mit Mut, Ausdauer, Hingabe und Erfindergeist angehen würden. So wie Wiley Post und zahllose andere, die für ihre Sache brennen und nicht lockerlassen, bis sie ihr Problem gelöst haben.
Denn wir können nicht warten, bis es ins Auge gegangen ist.