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Morgenandacht, 18.11.2023

Pfarrer Christoph Stender, Aachen

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Gerade mal Laufen gelernt, ist es vielen Kleinkindern schon wichtig, sich zu verstecken. Manchmal reicht es ihnen, dazu nur die Hände vor die eigenen Augen zu halten, um zu meinen so nicht gesehen, also versteckt zu sein. Verstecken war in Kindertagen genauso beliebt, wie das Entdeckt-Werden. Ich kann mich nicht mehr erinnern welche Rolle mir früher lieber war, die des sich Versteckenden, oder die des Suchen- und Entdeckenden.

Die Rolle des Entdeckers gewinnt in Kindertagen zunehmend an Bedeutung, angeregt durch Erzählungen von großen Seefahrern, wie Christoph Kolumbus, der mutmaßlich 1492 Amerika entdeckte.

So mancher von uns wäre vielleicht gerne ein großer Entdecker geworden. Eine Entdeckung zu machen, bedeutet kurzgesagt, etwas, das im Verborgenen vorhanden ist, an das Tageslicht zu holen. In der Bibel wird von einem Schatz gesprochen, der noch verborgen ist, aber darauf wartet, gehoben zu werden: Ein junger Mann, der seinen Glauben ernst nimmt und nach den Zehn Geboten lebt, fragt Jesus, was er noch tun kann, um das Reich Gottes nicht zu verfehlen. Jesus antwortet: "Verkauf alles, was du hast, und verteile es an die Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben." (Lk 18, 22)

Finden, entdecken bedeutet hier also nicht in der Erde, in der Weite des Alls oder in der Tiefe der Meere zu suchen. Der Schatz, von dem hier die Rede ist, ist zu finden im Loslassen, im sich Nicht-Binden an Güter, Geld und Ansehen. Das ist für uns heute schwer zu akzeptieren. Alle Sicherheiten loszulassen, bedeutet in unserer Gesellschaft auch heute ein hohes Risiko einzugehen. Aber auch die Großen Entdecker unserer Geschichte, wie Kolumbus, sind ein großes Risiko eingegangen, in dem sie alle ihre Sicherheiten hinter sich gelassen haben.

Jesus ermutigt dazu, auf eine Entdeckungsreise zu gehen und im Loslassen einen Schatz zu finden, im Weniger ein Mehr zu entdecken. Doch dieser Schatz unterscheidet sich wesentlich von den bisher entdeckten Schätzen, da er nicht am Stück entdeckt werden muss. Er kann in kleinen Schatzstücken entdeckt werden, um dann Stück für Stück geborgen zu werden. Schätzstücke können sein: Bedenken zuzulassen, wem nützen kann, was ich zu viel habe. Oder: Menschen wahrnehmen, die, einem zu entdecken bisher nicht wertvoll genug schienen. Oder: Das ursprünglich Verbindende in einer Beziehung, die zu eingespielt, vielleicht aber auch eingeschlafen ist, wieder zu entdecken.

In einem Lied von Peter Horst heißt es: "Entdeck bei dir, entdeck bei mir den nächsten Schritt, der weiterführt, den nächsten Schritt zum Leben."

Ich wünsche Ihnen eine frohmachende Schatzsuche.

Über den Autor Pfarrer Christoph Stender

Der katholische Priester Christoph Stender ist Mitarbeiter in der gemeindlichen Seelsorge in Aachen. Nach seiner Priesterweihe im Aachener Dom 1987 durch Bischof Klaus Hemmerle, war er als Kaplan in der Eifel tätig und als Religionslehrer am dortigen Clara Fey Gymnasium. Seine studentischen Wurzeln hat er in Paderborn und Frankfurt am Main, dort studierte er Religionspädagogik, Philosophie und Theologie. Dem studentischen Leben begegnete er über lange Jahre als Hochschulpfarrer an den Aachener Hochschulen und im Team des Mentorates für Lehramtsstudierende der Katholischen Theologie an der RWTH Aachen. Von 2017 bis 2022 war er Geistlicher Rektor im Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK).

Kontakt: www.christoph-stender.de