Newsletter

Dumme Mädchen – kluge Mädchen?

Morgenandacht, 20.02.2024

Peter-Felix Ruelius, Schlangenbad

Beitrag anhören

Die Hochzeitsfeier ist in vollem Gang. Da spielt sich an der Tür zum Festsaal etwas Unangenehmes ab. Der Bräutigam diskutiert, wird laut und wirft am Ende die Tür zu. Wer auch immer noch in den Saal wollte wird schroff abgewiesen. Die Stimmung ist etwas bedrückt.

Es kann immer sein, dass man sich verspätet. Oder: dass man etwas vergessen hat. Eigentlich alles verzeihlich. In der bekannten biblischen Erzählung von den dummen und klugen Mädchen aber offensichtlich nicht.

Zehn Mädchen sind es, um die es geht. Fünf dumme und fünf kluge – so sortiert sie jedenfalls die Bibel ein. Und diese Mädchen gehören zu einer Hochzeitsgesellschaft. Wie genau, das ist nicht bekannt, aber sie sollen auf jeden Fall mit Fackeln ausgerüstet sein. Alles gerät nun etwas durcheinander. Der Bräutigam, dem sie mit ihren Fackeln Geleit geben sollen, lässt auf sich warten; das ganze Fest verzögert sich. So lange, dass die Mädchen sich zum Warten hinsetzen und einschlafen. Erst als ein Schrei ertönt, werden sie wach.

Der Bräutigam kommt. Jetzt aber schnell. Die Fackeln wieder gerichtet und los. Die klugen Mädchen haben vorgesorgt und haben dabei was sie brauchen: Den Brennstoff für die Fackeln. Die dummen haben ihn nicht. Teilen: Das lehnen die klugen Mädchen kategorisch ab. "Schaut einfach, ob ihr noch irgendwo was kaufen könnt." Am Ende schickt sie der Bräutigam weg, als hätten sie nie etwas mit ihm zu tun gehabt. Die klugen Mädchen haben also ein Fest und die dummen sind im wörtlichen Sinn die Dummen. Für sie ist der Abend gelaufen.

Es ist eine drastische Geschichte, die Jesus in der Bibel erzählt. Sie steht im Zusammenhang mit einer Reihe von Gleichnissen und Aufrufen, die immer eine Absicht haben: Dass man im Leben ernst macht. Dass man vorbereitet ist. Auf die einmalige Gelegenheit, auf den Moment, den man nicht verpassen darf. Das Bild des Bräutigams steht für die Ankunft des Himmelreiches. Die Menschen, die lebten, als diese Gleichnisse gesammelt wurden, rechneten teilweise damit, dass das Ende der Zeiten und damit das Himmelreich noch zu ihren Lebzeiten eintreten könnte. Da galt es wachsam zu sein.

Dieser Grundton der Wachsamkeit kann auch in der Fastenzeit mitschwingen, die in den christlichen Kirchen zurzeit begangen wird. Ja, es gibt Momente, in denen es einfach drauf ankommt. Ja, es gibt auch verpasste Chancen.

Und dennoch: Bei mir sperrt sich etwas gegen dieses Gleichnis. Ich mag die ach so klugen Mädchen nicht, die gut für sich gesorgt haben, aber den anderen die kalte Schulter zeigen. Ich mag auch den Bräutigam nicht, der den zu spät Gekommenen einfach die Tür vor der Nase zuschlägt. Und wenn man etwas weiterdenkt, dann könnte man fragen, warum Jesus keine mildere Variante in diesem Gleichnis anbietet. Wir kennen von Jesus ja auch das: "Wer bittet, dem wird gegeben und wer anklopft, dem wird geöffnet." Und die Mädchen, die in dem Gleichnis als dumm, als töricht beschrieben werden, haben keine Möglichkeit zu erklären, was sie daran gehindert hat, sich gut auszustatten. Man würde heute vielleicht von ungleichen Chancen oder Startbedingungen sprechen.

Ich glaube, es ist erlaubt, Bilder weiterzudenken – im Sinn der christlichen Botschaft, die niemanden auf der Strecke lassen will. Und das regt meine Kreativität an: Was für eine Hochzeit wäre es, an der schließlich alle teilnehmen können? Was für eine Vorbereitung, bei der alle Mädchen gemeinsam überlegt hätten, ob das Öl auch für alle reicht? Was für eine Hochzeit wäre es, wenn die einen die anderen einfach mitgenommen und klar gemacht hätten: Ohne euch wollen wir nicht feiern?

Müsste es nicht beides geben? Das Wissen darum, dass es einmalige Chancen geben kann und gleichzeitig: Die Hoffnung darauf, dass es am Ende keine Verliererinnen und Verlierer geben wird, sondern dass der barmherzige Gott endgültig die Türen zum Fest öffnet.

Über den Autor Dr. Peter-Felix Ruelius

Dr. Peter-Felix Ruelius, geboren 1964, ist Theologe und leitet gemeinsam mit einer Kollegin den Bereich Christliche Unternehmenskultur / Ethik bei den Franziskanerbrüdern vom Hl. Kreuz. Als Trainer, Supervisor und Coach begleitet er Menschen in ihren beruflichen Herausforderungen und Entwicklungen. Peter-Felix Ruelius war lange Zeit als Religionslehrer in Fulda tätig und arbeitete mehrere Jahre in der Lehrerfortbildung.