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Weltkindertag

Morgenandacht, 21.04.2023

Pfarrer Dr. Christoph Seidl, Regensburg

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"Was wird wohl aus diesem Kind werden?" Eltern haben Träume von ihren Kindern, manchmal sogar sehr konkrete: Der Landwirt hofft, dass der Stammhalter den Hof übernimmt. Musiker wünschen sich ein musikalisches Kind. Natürlich ist es wichtig, dass Eltern ihr Kind fördern. Bei mir war es zum Beispiel sinnvoll, dass meine Eltern mich ans Klavier gesetzt haben. Das war nicht selten auch mühsam, aber es hat zunehmend Spaß gemacht und davon zehre ich noch heute.

Manchmal mache ich mir aber auch so meine Gedanken darüber, mit welcher Energie Eltern ihre persönlichen Wünsche zu den Wünschen der Kinder zu machen versuchen. Sie fragen nicht: Was wird aus diesem Kind wohl werden? Sondern eher: Wird dieses Kind wohl unseren Wünschen gerecht werden?

Heute steht ein Pädagoge im Kalender, der sein Augenmerk auf die Schätze gelegt hat, die in jedem einzelnen Kind verborgen sind und darauf warten, entdeckt und gefördert zu werden: es ist Friedrich Fröbel, er wurde heute vor 241 Jahren geboren. Sein größter Verdienst bestand in der Gründung des ersten Kindergartens im Jahr 1840. Dieser unterschied sich maßgeblich von den bis dahin üblichen Kinderbewahranstalten.

Es ging Fröbel nicht nur darum, auf die Kinder aufzupassen und si e zu beschäftigen, sondern durch spezielle Spiele die je eigenen Fähigkeiten zu erkennen und zu fördern. So wollte er die Kinder individuell aufs Leben vorbereiten. Fröbel sagte selbst: "Bei der Erziehung muss man etwas aus dem Menschen herausbringen und nicht in ihn hinein." [1]

Genau genommen, hat dieses pädagogische Konzept Wurzeln, die sehr weit zurückreichen. Ich denke dabei an eine Szene aus dem Neuen Testament der Bibel: Jesus stellt den Honoratioren und Gelehrten seiner Zeit ein Kind als Vorbild vor Augen. Im Matthäusevangelium heißt es: "Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen. Wer sich so klein macht wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte." (Mt 18,2-4)

Kinder hatten zur damaligen Zeit in der Öffentlichkeit nichts verloren, aber gerade in einem Kind erkennt Jesus Eigenschaften, die den Großen offensichtlich abhandengekommen sind, z.B. dass sie staunen können, vollkommen vertrauen können, sich entwickeln und sich verändern können. Wenn Kinder erwachsen werden, bedeutet das nicht, dass sie so "abgeschlossen" wie die Großen werden müssen, vielmehr sollen sie ihre je eigenen Fähigkeiten verstärken und ausbauen. Ganz ähnlich sagt Friedrich Fröbel: "Kinder sind wie Blumen. Man muss sich zu ihnen niederbeugen, wenn man sie erkennen will." [2]

Fröbel hat mit seiner Pädagogik große Akzente gesetzt. Interessanterweise wurden in Preußen und Bayern die neu eingeführten Kindergärten zunächst wieder verboten. Offensichtlich war es manchen Verantwortlichen nicht geheuer, den Kindern so viel Raum zur individuellen Entfaltung zu gewähren. Man befürchtete, so viel Freiheit könnte der Staatstreue schaden.

Aber das Konzept hat sich durchgesetzt, immerhin wurde sogar das deutsche Wort "Kindergarten" in vielen Ländern der Welt für die Fröbeleinrichtung übernommen. Heute am Welttag des Kindergartens wird nicht nur Friedrich Fröbel geehrt. Heute sei all denen gedankt, die sich als Erzieherinnen und Erzieher der Förderung der Kinder verschrieben haben! Und heute mögen sich alle ermutigt fühlen, die sich als Eltern oder Erziehende auf der manchmal mühevollen Entdeckungsreise befinden nach den Schätzen in ihren Kindern!


[1] https://www.netpapa.de/personen/friedrich-froebel-zitate/

[2] https://1000-zitate.de/autor/Friedrich+Fr%C3%B6bel/

Über den Autor Christoph Seidl

Pfarrer Christoph Seidl wurde 1967 geboren. Er stammt aus Regensburg und ist seit 1992 Priester im Bistum Regensburg. Nach der Kaplanszeit in Straubing arbeitete er in der Priesterausbildung mit und war Studentenpfarrer in Regensburg. Pfarrer Seidl ist als Seelsorger für Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen im Bistum Regensburg tätig und als Gemeindeseelsorger in Regensburg – Harting.

Kontakt: seidl@seelsorge-pflege.de