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Maria von Magdala

Morgenandacht, 22.07.2024

Pfarrer Markus Bolowich, Nürnberg

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Kaum eine Person in der Bibel hat die Fantasie mehr angeregt, als Maria von Magdala - im Volksmund auch gerne Maria Magdalena genannt. Heute ist in der katholischen Kirche ihr Feiertag. Sie ist eine der namentlich erwähnten Frauen, die Jesus nachfolgten bis unter das Kreuz. Und sie ist vor allem die erste Osterzeugin, also der erste Mensch, dem Jesus nach seiner Auferstehung am Ostermorgen begegnet. "Geh und verkünde!" – diese Worte empfängt Maria von Magdala am leeren Grab vom Auferstandenen Jesus – es ist der Auftrag, den Aposteln die Kunde von seiner Auferstehung zu bringen. Doch ihr Zeugnis wird von den Aposteln nicht ernst genommen und als Geschwätz abgetan.

In der frühen Kirche wird Maria von Magdala noch verehrt, erhält den Ehrentitel Apostolin der Apostel. Doch in späteren Jahrhunderten wird sie diskreditiert. Sie wird zur Dirne und entblößten Büßerin.

Das Unheil nimmt seinen Lauf, als Papst Gregor der Große im sechsten Jahrhundert verschiedene Frauenbiographien aus der Bibel vermischt. Da ist zum einen die als wohlhabend benannte Maria von Magdala, die Jesus nachfolgt, weil er sie von sieben Dämonen befreit hat. Die identifiziert Gregor dann aber plötzlich auch mit der namenlosen "Sünderin", die Jesus die Füße salbt und mit ihrem Haar aufreizend trocknet. Gregor fragt dann in einer Predigt: "Und was bedeuten diese sieben Dämonen, wenn nicht sämtliche Laster?" Damit war der Ruf ruiniert.

Und fortan wurde Marias Geschichte anders erzählt: angefangen in den bildlichen Darstellungen der religiösen Kunst bis zur Literatur und im Film von Nikos Kazantzakis "Die letzte Versuchung", später von Martin Scorsese verfilmt, über Luise Rinsers Miriam bis zu Dan Browns Sakrileg.

Als Papst Franziskus 2016 den alljährlichen Gedenktag der heiligen Maria von Magdala in den Rang eines Apostelfestes erhob, war dies der Versuch einer Wiedergutmachung. Doch für viele Frauen und Männer in der katholischen Kirche ist die Rehabilitation der Maria von Magdala noch nicht abgeschlossen, solange Frauen zu den kirchlichen Weiheämtern nicht zugelassen sind.  

Die theologischen Argumente für Frauen im Priesteramt, die sich zum Beispiel auf die Rolle der Maria Magdalena als erste Auferstehungszeugin beziehen, werden auch diskutiert. Sie schwächen die kategorische Ablehnung der Zulassung von Frauen zum kirchlichen Amt, die begründet wird mit dem Hinweis darauf, dass Jesus schließlich nur Männer als Apostel berufen habe. Man betont dann gerne die Sorge, mit einer Zulassung von Frauen etwas Unzulässiges zu tun.

Wie oft im Leben gibt es aber glaube ich auch hier einen feinen Unterschied, zwischen einer berechtigten Sorge und einer diffusen Ängstlichkeit. Niemand möchte einen Fehler machen und darum macht man nichts. Worin dieser Fehler aber eigentlich bestünde, wenn Frauen Teilhabe erhielten am kirchlichen Amt, ist meines Erachtens nicht zu verstehen. Zumal es ja Hinweise gibt, dass es mal anders war und schon in der frühen Zeit der Kirche Frauen in der Gemeindeleitung und Gemeindeorganisation tätig waren. Sie waren in die vertiefende Verkündigung des Evangeliums und in die missionarische Arbeit eingebunden. In der ganzen Kirchengeschichte überzeugten Frauen mit ihrer spirituellen Tiefe und ihrem intellektuellen Reichtum.

Das ist bis heute so. Und Hand aufs Herz, sind es nicht gerade die Frauen, die heute in den kirchlichen Gemeinden und Verbände Verantwortung tragen? Dass dies so bleibt, hängt nach meinem Empfinden auch davon ab, wie lange die Zulassung zum Priesteramt nur einer Hälfte der Menschheit vorbehalten ist. Dafür ist das heutige Fest der Heiligen Maria von Magdala eine Mahnung.

Über den Autor Markus Bolowich

Markus Bolowich, Jg. 1967, geboren in Frankfurt/Main, in Franken aufgewachsen, Studium der Theologie in Bamberg und Münster. Lebt und arbeitet derzeit als Pfarrer in Nürnberg. Er ist Rundfunkbeauftragter des Erzbistums Bamberg. Ausbildung zum Exerzitienleiter (Ruach/DOK). Mitglied in der ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Homiletik e.V. (AGH).