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Birgitta von Schweden

Morgenandacht, 23.07.2024

Pfarrer Markus Bolowich, Nürnberg

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Mit manchen Heiligen der Kirche konnte ich lange Zeit nichts anfangen. Zu ihnen gehört die Heilige Birgitta von Schweden, heute ist ihr Gedenktag. Von Besuchen in Rom kannte ich die "Birgittinnen", die Nonnen, die in dem von Birgitta gegründeten Orden leben und an der besonderen Kopfbedeckung ihrer Ordenstracht zu erkennen sind. Aber die Geschichte der Birgitta selbst aber war mir lange unbekannt.

Heute weiß ich, dass es sich bei ihr um eine außergewöhnliche Frau handelt. Birgitta wird 1303 nahe der Stadt Uppsala geboren und wächst in für die damalige Zeit stabilen Verhältnissen auf: Der Vater ist Richter, die Mutter eine Verwandte des schwedischen Königs. Von der Pest, die damals in Europa wütet, und dem hundertjährigen Krieg zwischen England und Frankreich bleibt sie verschont. Seit ihrer Kindheit macht Brigitta wiederkehrend tiefe Christuserfahrungen. Sie hatte Visionen des gekreuzigten Jesus.

Mit Ulf Gudmarsson findet sie einen Ehemann, mit dem sie ihre tiefe Frömmigkeit und das Armutsideal des heiligen Franziskus teilte. Als die beiden für ihre vier Söhne und vier Töchter die Erziehung abgeschlossen hatten, treten sie 1341 den langen und entbehrungsreichen Pilgerweg ins spanische Santiago de Compostela an, quer durch den Kontinent. Auf dem Rückweg erkrankt Ulf Gudmarsson schwer und stirbt.

Als Witwe nach Schweden zurückgekehrt, wird Birgitta für das junge Königspaar eine kritische Ratgeberin. Die Aufzeichnungen ihrer wiederkehrenden mystischen Erfahrungen werden ins Lateinische übersetzt und nach ihrem Tod in ganz Europa gelesen.

1349 zieht Birgitta mit ihrer Tochter Katharina von Schweden nach Rom. Dort liegt das Leben nach der großen Pestwelle am Boden. Mutter und Tochter widmen sich den Pilgern aus der schwedischen Heimat, den Kranken und den Prostituierten in den Straßen. Zugleich bemüht sie sich in einem regen Briefwechsel, der bis heute erhalten ist, intensiv um die Heimkehr des Papstes aus dem Exil in Avignon nach Rom. Mit deutlichen Worten erinnert Birgitta an seine Verantwortung, die Kirche wieder zu stabilisieren. Und tatsächlich: 1367 kehrt Papst Urban V. zurück nach Rom.

Sie erhält am Ende ihres Lebens die Genehmigung zur Gründung ihres Ordens und zur Errichtung eines Frauen- und Männerklosters in ihrer schwedischen Heimat. Am 23. Juli 1373 stirbt Birgitta in Rom. Ihre letzte Ruhestätte findet sie im schwedischen Vadstena, im ersten Kloster ihres Ordens.

Mich beeindruckt über den weiten zeitlichen Abstand, in welcher Vielfalt Birgittas leben sich entfaltete: Ihren Kindern war sie eine zugewandte Mutter und zugleich setzte sie sich für viele Bedürftigen und Arme ein. Sie war ihrer Heimat Schweden sehr verbunden und zog doch auf verschiedenen Pilgerwegen immer wieder zu neuen Orten, bis ins Heilige Land an die Stätten des Lebens Jesu.

Sie war eine in ihrem christlichen Glauben tief verwurzelte Mystikerin und nimmt dennoch Anteil am politischen Leben. Bei alledem war sie keine Macherin. Auf eine eigene Weise verstand sich als Empfangende. Sie gab und teilte, was ihr selber anvertraut worden war und blieb in den verschiedenen Phasen ihres Lebens beweglich, flexibel – biegsam.

600 Jahre nach dem Tod Birgittas findet sich im geistlichen Tagebuch ihres Landsmannes, des UN Vorsitzenden Dag Hammarskjöld, der Eintrag, der zwar keinen direkten Bezug zu Birgitta aufweist, für mich aber das Wesen ihres Lebens zu treffen scheint:

"Ein Empfangender bleiben – aus Demut. Und um deine Biegsamkeit zu bewahren. Ein Empfangender bleiben – und danken. Dafür: horchen, sehen, verstehen zu dürfen."

Über den Autor Markus Bolowich

Markus Bolowich, Jg. 1967, geboren in Frankfurt/Main, in Franken aufgewachsen, Studium der Theologie in Bamberg und Münster. Lebt und arbeitet derzeit als Pfarrer in Nürnberg. Er ist Rundfunkbeauftragter des Erzbistums Bamberg. Ausbildung zum Exerzitienleiter (Ruach/DOK). Mitglied in der ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Homiletik e.V. (AGH).