"Weihnachten in Magdeburg ist vorbei."
Das hat ein Beigeordneter der Stadt am Samstag gesagt und damit wohl die Gefühlswelt einer ganzen Region beschrieben, ja, wohl weit über Magdeburg hinaus. Der furchtbare Anschlag am Freitag auf den Weihnachtsmarkt dort hat das ganze Land bis ins Mark getroffen.
Und ohne es vielleicht direkt auszusprechen werden viele denken: Ausgerechnet jetzt, so kurz vor Weihnachten. Das soll doch das Fest der Harmonie sein, endlich mal abtauchen in eine romantische, heile Welt, die wir uns herrichten in diesen Tagen.
Doch wer genauer auf die Weihnachts-Krippe schaut, die noch in vielen Wohnzimmern ganz selbstverständlich zum Fest dazugehört, der wird ohne einen verklärten Blick erkennen, dass schon hier alles andere als eine heile Welt zu sehen ist. Das frischgeborene Jesuskind liegt in einem Stall, in einer Futterkrippe. Eine Notgeburt, würde man heute wohl sagen. Ist das der Platz für den Gottessohn?
Das feiern wir ja an Weihnachten, Gott kommt in diesem Jesus in unsere Welt, er wird einer von uns, oder man kann es auch andersherum sagen: Gott zeigt, dass wir Menschen zu ihm gehören. Gott wird Mensch und er geht den Lebens-Weg, den Menschen gehen. Doch dabei wählt er den Weg des getroffenen, geschundenen Menschen, des Menschen ganz unten. Der Allmächtige wird machtlos, arm, er wird zum "heruntergekommenen" Gott.
Wer sich die Krippe näher anschaut und den weiteren Lebensweg dieses "Christkindes" Jesus von Nazareth, der muss auch erkennen: Weihnachten handelt eigentlich gar nicht von einer Idylle oder vom idealen Leben. Weihnachten handelt davon, dass Gott als Mensch meine Zerbrechlichkeit und meine Sterblichkeit zu seiner macht.
Ich muss an eine Morgenandacht denken, die unser Autor, der Priester Georg Lengerke, hier an dieser Stelle einmal in der Weihnachtszeit sprach. Darin erzählte er, wie er kurz vor Weihnachten eine Krebsdiagnose erhalten hatte. Er sagte damals:
"Ich war gut auf Weihnachten vorbereitet, aber darauf nicht. […] Mir ist an diesem Weihnachtsfest vor allem klar geworden, was Gott uns alles nicht versprochen hat. Gott hat uns nicht versprochen, dass wir nicht krank werden und keinen Schmerz erleben, dass wir keine „bösen Tage“ erleben oder nicht früher oder später sterben werden."
Was Gott aber sehr wohl versprochen und an Weihnachten wahr gemacht hat, ist, dass er selbst ein Mensch wird und unser gebrechliches und gebrochenes, unser sterbliches und sterbendes leibliches Leben, zu seinem macht. Gott hat versprochen, dass wir nichts mehr ohne ihn erleben und erleiden werden – ja, dass er als Mensch sogar noch unsere Trennung von Gott zu seiner macht und aufhebt. Und das verändert alles!"
Soweit damals Georg Lengerke.
Weihnachten ist nicht vorbei. Gerade jetzt muss sich die Botschaft des Festes zeigen, gerade jetzt brauchen wir Gottes Nähe, die er an Weihnachten ein für alle Mal zugesagt hat. Wir brauchen ihn, die Menschen von Magdeburg brauchen ihn, dass er nun heile, tröste, bewahre, vollende.
"Welt ging verloren, Christ ward geboren." So lautet eine Zeile in einem bekannten Weihnachtslied. Weihnachten ist nicht vorbei. Es bleibt – ein für alle Mal.