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Gute Nachrichten

Morgenandacht, 24.06.2024

Regina Wildgruber, Osnabrück

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Morgen für Morgen höre ich all die negativen Schlagzeilen von Krisen und Katastrophen, eine Schreckensnachricht reiht sich an die nächste. Manchmal stehe ich vom Frühstück auf und schalte das Radio aus, weil ich es nicht mehr aushalte. Darum habe ich mich jetzt entschieden, ein Online-Magazin zu abonnieren, das ganz bewusst positive Nachrichten veröffentlicht. Es nennt sich "Perspective Daily".

An der Weltlage kann ich wenig ändern. An meiner persönlichen Nachrichtenlage dagegen schon. Also lese ich jetzt zusätzlich zu den anderen Medien, über die ich mich informiere, positive Nachrichten. Es sind Geschichten von Erfolgen im Kampf gegen den Klimawandel, Reportagen über Menschen, die gute Ideen in die Tat umsetzen, die dabei auf Resonanz treffen und Unterstützung finden.

Der niederländische Historiker Rutger Bregman rät in seinem Bestseller "Im Grunde gut" dazu, Nachrichten generell zu meiden. Sie betonen zu häufig, was schief geht, was schwierig oder auch einfach nur schrecklich ist. Dadurch aber, so seine These, entsteht ein verzerrtes Bild von der Wirklichkeit. Tatsächlich geschieht in der Welt nämlich so viel Gutes, gibt es so viele Beispiele für Mitmenschlichkeit und Hilfsbereitschaft, dass wir eigentlich allen Grund zur Zuversicht hätten.

Die Einschätzung, dass man Nachrichten grundsätzlich meiden sollte, teile ich nicht. Aber die zusätzlichen Perspektiven, die die positiven Nachrichten für mich eröffnen, tun mir gut. Ich fühle mich weniger hilflos. Ich bekomme eine Idee davon, wie Probleme gelöst werden können. In meine Hoffnungslosigkeit mischt sich Zuversicht.

Der Dichter und Priester Wilhelm Bruners beschreibt in einem seiner Texte eine ähnliche Erfahrung. Er beginnt seinen Tag mit einem alten Gebet und mit den Liedern Davids, also mit Texten aus dem biblischen Buch der Psalmen. Bruners macht die Erfahrung, dass sich dadurch alles, was danach kommt verändert – wie bei einem Vorzeichen in der Musik. "Beachte die Reihenfolge, wenn du die Kraft behalten willst", schreibt er.

Die Kraft behalten, darum geht es für mich. Dafür ist es nicht nötig, dass ich mich abschotte und mich in die eigene Wohlfühl-Blase zurückziehe. Ich möchte die Welt mit offenen Augen wahrnehmen, mit ihren Licht- und Schattenseiten. Ich möchte wahrnehmen, wo Menschen unter Gewalt und Unterdrückung leiden, ich möchte Bescheid wissen, wenn Demokratie und Menschenrechte in Gefahr sind. Aber bei alldem möchte ich auch die Kraft behalten um zu handeln, um mein Leben zu gestalten und in meinem Rahmen die Verhältnisse zu ändern.

Dafür reicht es manchmal, einfach den Blickwinkel zu ändern. Das geht, indem ich mich bewusst auf die Suche nach guten Nachrichten mache. Das geht auch, indem ich einen biblischen Text oder ein Gebet, ein Gedicht oder ein Lied wie ein Vorzeichen an den Anfang meines Tages stelle. Dadurch ändert sich noch nicht die Welt. Aber ich begegne ihr anders, gestärkt und zuversichtlich. Der Dichter Wilhelm Bruners beschreibt das so:

"Nach dem morgendlichen Gang über die Psalmenbrücke

drehe ich mich nicht mehr um die eigene Achse

ich atme die alten Heilworte in meine Tagängste

und bin

guter Hoffnung"

Über die Autorin Regina Wildgruber

Regina Wildgruber, geboren 1976, studierte Theologie, Philosophie und Psychologie in München, Jerusalem und Münster. 2012 promovierte sie mit einer Arbeit zum biblischen Propheten Daniel. Seit 2013 ist sie Bischöfliche Beauftragte für die Weltkirche in Osnabrück.

Kontakt: r.wildgruber@bistum-os.de