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Dumm

Morgenandacht, 25.01.2023

Martin Wolf, Mainz

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Einer meiner großen Lieblingsfilme ist der amerikanische Spielfilm Forrest Gump. Kurz gesagt erzählt der Film die Lebensgeschichte eben dieses Forrest Gump. Intellektuell gilt der mit einem IQ von gerade mal 75 als lernbehindert. Seine intellektuelle Einschränkung ist ihm selbst sehr bewusst. Es schmerzt ihn immer wieder. Und doch gelingt ihm in seinem Leben eine schier unglaubliche Erfolgsgeschichte.

Die vielleicht wichtigste Stütze dabei ist ihm seine liebevolle Mutter. Sie gibt ihm als Kind nämlich nicht nur das grundlegende Rüstzeug fürs Leben, sondern auch einen Satz mit auf den Weg, der für Forrest zum Lebensmotto wird: „Dumm ist der, der Dummes tut.“ Anders gesagt: Mit mangelnder Intelligenz hat Dummheit nur wenig zu tun.

Ein Schlüsselsatz dieses Films, den die österreichische Psychiaterin Heidi Kastner sogar bestätigt. Sie hat ein Buch über die Dummheit geschrieben. Bodenlos dumm, so meint sie, könnten nämlich auch intelligente Menschen sein. Etwa, wenn sie bewusst Dinge tun, die am Ende allen schaden und für die sie dann nicht mal verantwortlich sein wollen. Zum Beispiel einen üblen Streit anzetteln oder gar einen Krieg.

Die Geschichte ist leider voll von solchen Zeitgenossen. Allen Dummen gemeinsam sei aber, dass sie ausschließlich sich selbst sehen. Nicht die Zusammenhänge, in denen sie leben. Nicht die anderen um sie herum. Der zwar schlichte, aber zutiefst sozial eingestellte Filmheld Forrest Gump ist in diesem Sinne nämlich alles andere als dumm. Vielmehr, um es mit dem Unwort des Jahres 2015 zu sagen, ein wahrer Gutmensch.

Klug sein wie die Schlangen und arglos wie die Tauben (vgl. Matthäus 10,16). So heißt ein Ratschlag in der Bibel. Ob die moderne Zoologie das so sieht, sei mal dahingestellt. Aber so sollen sie halt leben, die Christen. Klug sein, das heißt, das eigene Wohl durchaus im Blick zu behalten. Sich in dieser Welt und ihren Zwängen zu bewegen, ohne sich korrumpieren lassen. Und vor allem, ohne das eigentliche Ziel aus den Augen zu verlieren. Die Bibel nennt es einen Platz im Himmel. Und zugleich sollen sie arglos sein wie die Tauben. Bei aller Vorsicht offen, ehrlich und ohne Hinterlist der Welt und den Mitmenschen zugewandt bleiben.

Nun könnte man einwenden, dass das in dieser Welt eigentlich immer eine nette Utopie war. Dass der Himmel weit weg ist, dass ich nicht mal sicher sein kann, ob es ihn überhaupt gibt. Dass es natürlich um das eigene Vorankommen geht und dass der mit den stärksten Ellenbogen dabei meistens gewinnt. Die Frage ist nur: Will ich das wirklich? Will ich so leben und mich der brutalen Logik der Ellenbogen unterwerfen? Nehme ich in Kauf, letztendlich vielleicht nicht der zu sein, der ich doch eigentlich sein möchte?

Ich glaube, dass es am Ende nämlich weder um meinen IQ gehen wird, noch darum, ob ich reich oder arm gewesen bin, wichtig oder nicht. Was alleine zählt ist, ob ich menschlich bestehen konnte. Klug in meinem Bemühen, bei allen Zwängen durch Job und Gesellschaft ein guter Mensch zu sein und zu bleiben. Und arglos genug, die anderen so sein zu lassen, wie sie halt sind. Anders eben. Ob das für einen Platz im Himmel reicht, weiß ich nicht. Für einen kleinen Vorgeschmack des Himmels im Hier und Jetzt vielleicht aber schon.