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Glückauf

Morgenandacht, 25.01.2025

Sr. Aurelia Spendel, Augsburg

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Seit Jahrtausenden leben und arbeiten Menschen nicht nur auf der Erde sondern auch unter ihrer Oberfläche. Sie entdeckten Höhlen, die sie besiedelten, gruben und graben bis heute in Gängen, Stollen und Bergwerken, um an die verborgenen Schätze der Dunkelheit zu kommen.

Diese Suche war und ist trotz aller modernen Technologien gefährlich für Leib und Leben. Schächte brechen ein, Wassermassen lassen Hohlräume volllaufen, Grubengas tötet lautlos. Immer wieder ist eine Suche vergeblich, die ganze Plackerei umsonst. Menschen sind auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen, auf ihre Erfahrung, ihre Vorsicht, ihr Können und ihre Kameradschaft. Hoffnung fährt immer mit in die Grube ein: jeder, der sich unter die Erde wagt, will wohlbehalten zurückkehren in die Welt des Lichtes, heil und gesund aufsteigen aus der Finsternis.

Bergwerksarbeit ist ein Sinnbild des Lebens. Es bedeutet Erfolg und Zufriedenheit, genauso wie Mühe und Gefahr. Man kann sein Leben planen. Und plötzlich ist alles ganz anders. Ein unbedachter Schritt, und schon stürzt eine wohlbehütete Existenz ins Bodenlose. Eine intuitive Entscheidung und schon tut sich die Goldader auf. Manch einer oder eine muss die letzte Talsohle seines oder ihres Lebens erreichten, um zu erkennen, was die wahren Schätze des Lebens sind und wo er oder sie auf eine falsche Fährte gesetzt hat. Wie umgehen mit den Unwägbarkeiten des Lebens, die jede und jeden treffen?

Bergmänner machen es uns vor. Sie brauchen eine breitgefächerte Ausbildung, Disziplin und Sicherheitsbewusstsein. Kommunikationsfähigkeit ist genauso wichtig wie eine gute Kondition, Gemeinschaftssinn und Teambereitschaft. Und bei alledem brauchen sie einen sicheren Tritt. So lässt sich das Wertvolle bergen, die Gefahr erkennen, die Erfahrung verfeinern und die Gemeinschaft schützen, um ein gutes Leben für alle zu haben.

Bergmannsarbeit braucht Vertrauen. Vertrauen in das eigene Können, in die Kameraden, in Gott. Glückauf heißt der alte Bergmannsgruß, der seit dem 16. Jahrhundert dem Wunsch nach guter Heimkehr und ertragreicher Arbeit Ausdruck gibt. Glückauf ruft ins Gedächtnis: Es gehört Glück dazu, sicher den Weg von unter Tage ans Tageslicht nach oben zu finden und entlohnt zu werden für alle Anstrengung. Solches Glück lässt sich nicht kaufen. Solches Glück ist ein Geschenk.

Ein Psalmengebet aus dem ersten Teil der Bibel, Psalm 37, legt jedem Menschen als Lebensweisheit ans Herz: "Vertraue Gott deine Wege an, dann liegt darauf Segen."

Ein Bergmannsgebet vor dem Einfahren formuliert es so: "Glückauf! Mit Dir, o Gott, beginne ich meinen Gang zum dunklen Schacht. Du leitest mich auf meinen Wegen, die nach Deinem Willen ich geh. Du kannst mir Schutz und Hilfe senden, wo Bruch und Sturz und Wetter dräun. So bist Du, Gott, auf meinem Pfad mein Licht, mein Retter in der Not."

Diese Weisheit aus einer gläubigen Erfahrung und aus der Alltagserfahrung der Bergleute ist für mich eine gute Begleiterin an diesem Tag. Ich nehme sie mit dorthin, wohin mich mein Weg heute führt. Ich wünsche Ihnen: Mögen Sie heute behütet sein auf allen Ihren Wegen.

Über die Autorin Schwester Aurelia Spendel

Sr. Aurelia Spendel OP, Dr. theol., wurde 1951 geboren. Sie ist Dominikanerin und lebt in Augsburg.

Kontakt: aurelia.spendel@t-online.de