Endlich Sommerferien! Auch wenn meine eigene Schulzeit schon lange hinter mir liegt, hat sich mir dieses eigene Gefühl, das mit diesen Wochen verbunden ist, tief eingeprägt: Kein frühes Aufstehen, keine Hausaufgaben, keine Sorge vor unerwarteten Abfragen. Es schien mir, wie den Schülerinnen und Schülern wohl zu allen Zeiten, als die große Freiheit für eine halbe Ewigkeit. Die Sommerferien haben ihre eigene unverwechselbare Stimmung.
Daran erinnert sich auch die Schriftstellerin Helga Schubert in ihrer autobiographischen Erzählung: "Mein idealer Ort". Die Sommerferien ihrer Kindheit verbringt sie jedes Jahr bei ihrer Großmutter, die in einer Greifswalder Obstbausiedlung lebt. Bei aller Arbeit, die es dort auch in der Sommerzeit zu tun gibt, nämlich ernten, zusammenpacken und abtransportieren der Obstkisten zum Markt, bleibt täglich viel Zeit mit der Großmutter, für Kaffee und Kuchen und für die Hängematte. Helga Schubert erinnert sich:
"Die Hängematte war zwischen zwei Apfelbäume geknotet, unter mir lagen die Falläpfel, über mir hingen die reifen Klaräpfel, neben mir standen die Büsche mit den roten, weißen und schwarzen Johannisbeeren. Weiter weg die stacheligen Stachelbeerbüsche. Ich lag im Schatten, und es war ganz still. Nach dem Essen wusch die Großmutter alles gleich ab, ich dagegen musste nicht abtrocknen, sondern durfte mich in die Hängematte legen und lesen, bis ich einschlief und wieder aufwachte: am gedeckten Kaffeetisch. Bis zum Ende des Sommers. So konnte ich alle Kälte überleben. Jeden Tag. Bis heute. Es war mein Sehnsuchtsort."
Mich berührt diese Erzählung. Auch wenn ich andere Erlebnisse mit meinen Großeltern verbinde, so gelingt es Helga Schubert doch, die Atmosphäre dieser sorglosen und schönen Zeit mit den Großeltern so zu beschreiben, wie sie auch in mir immer noch nachklingt.
Für viele sind die mit und bei den Großeltern verbrachten Ferientage ein Sehnsuchtsort geblieben. Wie vieles andere, das wir mit den eigenen Großeltern erlebt haben. Es bleibt einem ein Leben lang im Gedächtnis! Auch nach Jahrzehnten sind in uns die Bilder an jene Zeit lebendig. Wir erinnern uns, was wir ihnen verdanken.
Daran muss ich besonders heute denken, wenn ganz bestimmte Großeltern im Heiligenkalender der katholischen Kirche stehen: Joachim und Anna. Der Überlieferung nach waren sie die Eltern Marias, also die Großeltern von Jesus Christus. Von ihnen wird zwar nur in außerbiblischen Schriften erzählt, aber die Verehrung von Joachim und Anna als den Großeltern Jesu, ist schon für die ersten Jahrhunderte des Christentums belegt. Die Vorstellung, dass Jesus, wie jeder Mensch, Großeltern hatte, ist für Christen selbstverständlich. Auch wenn wir heute nichts weiter von Joachim und Anna wissen, können wir davon ausgehen, dass es für Jesus besondere und prägende Menschen waren.
Der Name Anna stammt von Hannāh und bedeutet "gnädig sein". Joachim heißt: "Gott verleiht Beständigkeit". Gnade und Beständigkeit sind auch das, wofür viele Großeltern stehen: Ich wusste mich von ihnen immer ein wenig großzügiger behandelt. Sie waren auch immer für mich da, auch wenn man sich nicht so oft gesehen hat. Joachim und Anna sind die Großeltern der Sommerferien.
An ihrem Gedenktag möchte ich mit den beiden an die Großherzigkeit all der Menschen erinnern, die unser eigenes Leben begleitet und bereichert haben, auf die wir uns immer verlassen konnten. Allen voran an unsere Omas und Opas.