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Christi Himmelfahrt – Beziehungsänderung

Morgenandacht, 28.05.2025

Veronika Hoffmann, Fribourg

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Manchmal ist christliche Kunst ein Problem.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Wir haben eine Menge wunderbarer Kunstwerke mit christlichen Themen. Sie sind nicht nur in sich wertvoll, sondern sie helfen uns auch, Geschichten, Personen und Ideen besser zu verstehen. Aber es gibt Fälle, wo uns das klassische Bildprogramm den Zugang heute nicht erleichtert sondern erschwert. Ein solcher Fall ist das Fest, das Christinnen und Christen morgen feiern: "Christi Himmelfahrt".

In den Darstellungen hebt nicht selten ein weiß gewandeter Jesus vom Boden ab. Und wenn dann noch auf Erden ein Fußabdruck von ihm zurückbleibt, dann hat es für mich die Grenze zum Lächerlichen überschritten. Nun haben sich nicht erst die Maler diese räumliche Vorstellung ausgedacht. Die Bibel selbst spricht so, wenn es dort heißt: Jesus wurde vor den Augen der Jünger emporgehoben und eine Wolke entzog ihn ihren Blicken. Aber die Bibel will mit dieser Erzählung nicht von einem historischen Ereignis berichten. Sondern sie spricht symbolisch, um zu sagen, worum es ihr geht. "Himmelfahrt" beschreibt, wie sich eine Beziehung ändert.

Die Bibel berichtet zuvor, wie die ersten Jüngerinnen und Jünger Jesus zunächst sehr buchstäblich nahe sind. Sie ziehen mit ihm umher und eine intensive Gemeinschaft entsteht. Dann scheint alles vorbei zu sein: Jesus wird gekreuzigt. Gibt es ein radikaleres Beziehungsende als den Tod? Doch Jesus begegnet ihnen neu: die Evangelien berichtet von Erscheinungen des Auferstandenen.

Die Rede von der "Himmelfahrt" beschreibt jetzt, dass diese intensiven Gotteserfahrungen der Jüngerinnen und Jünger nach Ostern irgendwann aufgehört haben. Was ich interessant finde: Das wird nicht als eine Krise oder gar als das Ende ihrer Beziehung zu Jesus geschildert. Diese ändert vielmehr erneut ihre Gestalt. Und diese neue Gestalt nennt die Bibel "Heiliger Geist". Christinnen und Christen glauben an diese Gegenwart Jesu "im Heiligen Geist", zum Beispiel, wenn sie miteinander Gottesdienst feiern, wenn sie die Bibel lesen, sich Gott im Gebet zuwenden oder sich für die Nächsten einsetzen. Eine Beziehung, die sich ändert. Der erste Impuls ist vielleicht, sie festzuhalten, wie sie war. Aber das geht nicht und das müssen wir auch nicht. Wir können loslassen, denn wir verlieren die Beziehung nicht. Sie bekommt nur eine neue Gestalt.

Zum Beispiel: Ich bin zunächst bis über beide Ohren verliebt, und dann ebbt das etwas ab. Aber das heißt nicht, dass ich den anderen weniger liebe, diese Liebe ist nur anders.

Oder: Die Kinder werden groß und gehen aus dem Haus. Ich kann sie nicht in ihrer Kindheit festhalten. Die Beziehung muss sich ändern, wenn sie weiter lebendig sein soll. Oder: Ich ziehe um und muss mein soziales Netz zurücklassen. Zu einigen werde ich den Kontakt verlieren, aber zu anderen wird er halten – wenn wir eine neue Form finden.

Das ist der Zuspruch, den ich im Fest "Christi Himmelfahrt" lese. Wer eine intensive Erfahrung gemacht hat, mag den Wunsch kennen, sie festzuhalten, sei es eine religiöse Erfahrung, eine Erfahrung des Geliebt-Seins oder eine überwältigende Naturerfahrung. Aber das geht nicht. Ich kann es stattdessen machen wie die Jüngerinnen und Jünger Jesu: ich kann loslassen, was war, und schauen, ob es in anderer Weise bei mir bleibt. Was zunächst aussehen mag wie ein Verlust, ist vielleicht nur eine notwendige Verwandlung.

Über die Autorin Veronika Hoffmann

Veronika Hoffmann wurde 1974 in Darmstadt geboren. Nach dem Studium der katholischen Theologie in Frankfurt am Main und Innsbruck absolvierte sie eine Ausbildung zur Pastoralreferentin im Bistum Mainz. Nach Promotion an der Universität Münster und Habilitation in Erfurt war sie zunächst Professorin für Systematische Theologie an der Universität Siegen. Seit 2018 ist sie Professorin für Dogmatik in Fribourg/ Schweiz.

Kontakt: veronika.hoffmann@unifr.ch