Heute vor 80 Jahren hat sich Adolf Hitler erschossen. So entzog er sich der Verantwortung für Weltkrieg und Völkermord. Das deutsche Volk, so Hitler, habe sich als zu schwach erwiesen. Man solle ihm "keine Träne nachweinen".
Wenige Tage zuvor hatte der "Führer" noch zwanzig Jungs der "Hitlerjugend" empfangen. Im Garten der Reichskanzlei überreicht er ihnen vor den Kameras der "Wochenschau" das Eiserne Kreuz – eine Anerkennung für ihren Kampfeinsatz. Es sind die letzten Filmaufnahmen des Diktators.
Skrupellos schickt das NS-Regime am Ende des Krieges auch Kinder und Jugendliche in den Tod. Über Jahre sind sie im Geist des Nationalsozialismus erzogen worden. Nun sollen sie fanatisch für den sogenannten "Endsieg" kämpfen. Gegen die alliierten Truppen und gegen angebliche "Verräter" im eigenen Volk. In Berlin rekrutiert Propagandaminister Joseph Goebbels tausende von Hitler-Jungen für den sogenannten "Volkssturm", das letzte Aufgebot zur Verteidigung der schon weitgehend zerstörten Reichshauptstadt.
Goebbels ist ein Überzeugungstäter. "Die Partei", so schreibt er in sein Tagebuch, "ist meine Kirche. Ich glaube, dem Herrn am besten zu dienen, wenn ich seinen Willen erfülle und mein unterdrücktes Volk (…) befreie. Das ist mein Evangelium."
In Adolf Hitler sieht er den von der Vorsehung geschickten Erlöser. Und so inszeniert Goebbels einen Führerkult, der mit seinen gottesdienstähnlichen Feiern die Deutschen zu gläubigen Anhängern der NS-Bewegung machen soll. Die Grußformel "Heil Hitler" erhebt den Führer zum "Heilsbringer". Das von ihm begründete "Dritte Reich" soll ein "Tausendjähriges" werden. Hitlers Schrift "Mein Kampf" wird zur Bibel der neuen Religion, die Gefallenen seines Putschs von 1923 zu den "Märtyrern der Bewegung". Ungeniert übernehmen die Nationalsozialisten traditionelle Elemente des Christentums.
Heutzutage wirkt das alles absurd und unwirklich. Damals aber hat das Millionen Deutsche beeindruckt. Manche Christen glauben, Hitler wolle Kreuz und Hakenkreuz zusammenführen. Das aber ist nicht das Ziel der NS-Führung. Hitler, Goebbels oder SS-Chef Himmler sehen im Christentum einen unversöhnlichen Gegner, den es am Ende zu vernichten gilt. Genauso wie das Judentum oder den Bolschewismus. Neben der Heilslehre des Nationalsozialismus darf es keine sinnstiftende Alternative mehr geben. Im privaten Kreis wiederholt der Führer immer wieder, er werde das Christentum in Deutschland "mit Stumpf und Stiel ausrotten". Man sei entweder Christ oder Deutscher. Beides könne man nicht sein.
Man mag sich nicht vorstellen, wie ein Deutschland ausgesehen hätte, wenn der Krieg mit einem Sieg der Nationalsozialisten zu Ende gegangen wäre. Davor hat der 8. Mai 1945 die Deutschen und alle Europäer bewahrt. Deshalb ist dieser Tag, der sich kommende Woche zum 80. Mal jährt, kein Tag der Niederlage, sondern ein "Tag der Befreiung". So hat es Bundespräsident Richard von Weizsäcker in seiner historischen Rede zum 40. Jahrestag des Kriegsendes 1985 gesagt.
Der Untergang des "Dritten Reichs" erinnert auch daran, dass Frieden und Freiheit nicht vom Himmel fallen. Sich dafür einzusetzen, bleibt die wichtigste Lektion aus der Geschichte.