Wie groß ist Ihre Selbstliebe? Bewerten Sie es auf einer Skala von 1 bis 10. Mit dieser Frage beginnt ein Dokumentarfilm, der in diesem Jahr in kleinen Programmkinos gelaufen ist. "Wie dich selbst", lautet der Titel.
Neun Menschen zwischen 28 und 86 Jahren müssen diese schwierige Frage darin im Blick auf ihr Leben beantworten. Ich sitze in dem kleinen Vorführsaal meines Stadtteilkinos und merke, wie diese Frage mich selbst herausfordern würde. Nein, Selbstliebe ist nicht gerade meine Spezialität und ich vermute und hoffe auch irgendwie, dass ich diese Schwäche mit einigen Menschen teile.
Ich finde: Es ist auch gar nicht so einfach, sich selbst zu mögen. Besonders wenn immer zuerst die Fragen da sind: "Bin ich schön, klug, eloquent, bin ich erfolgreich, liebenswert oder begehrenswert?" Und dann auch noch die Suche, nach dem Sinnvollen und Unvergleichlichem in meinem Leben und meinem Wesen.
Da kann Selbstliebe im Alltag schon ausgesprochen schwer, ja fast unmöglich sein. Vor allem, wenn ich immer denke, das Wesentliche müsse durch meine Hände gemacht werden. Und ich mich angehalten fühle von dem Anspruch, alle Pflichten zu erledigen und nichts zu verpassen. Völlig außer Atem komme ich schließlich, wenn ich mich dabei auch noch dauernd mit anderen vergleiche und in die Konkurrenzfalle tappe.
Wieviel revolutionäre Kraft meines Herzens für mich selber geht da zu Grunde? Im Platzbehaupten, Hinterherlaufen und durch den kritischen Blick auf mich selbst – und schon bin ich auf meiner Skala der Selbstliebe schon wieder etwas abgerutscht. Was jetzt tun? Ich vermute wie in jeder Beziehung, so hilft auch in der Beziehung zu sich selbst wahrscheinlich: reden. Und vielleicht ist es höchste Zeit für eine Liebeserklärung.
Kann man ja mal ausprobieren, denke ich mir, stelle mich vor den Spiegel und beginne zu formulieren: "Ich liebe mich – in guten wie in schlechten Zeiten." Dann lächle ich mir selber zu und nehme einen tiefen Atemzug. Ich stelle mir vor, welche positiven Rückmeldungen mir die Menschen geben, denen ich am nächsten bin und spreche es laut aus: "Das ist echt mutig von dir, nochmal beruflich was Neues anzufangen. – Du darfst wirklich stolz sein, auf dein Durchhaltevermögen als Mama. – Vielen Dank für deine vielen kreativen Ideen. – Es tut mir gut, wenn ich auch deine Verletzlichkeit spüre. – Danke fürs Zuhören und dein echtes Interesse an mir. Ja, ich liebe dich in guten wie in schlechten Zeiten."
So ein Selbstgespräch kann einem zugegebener Maßen ziemlich seltsam vorkommen und einen Anstrich von Komik haben – und gleichzeitig verfehlt es nicht seine Wirkung. Im Spitzensport weiß man längts um die wertvolle Energie eines positiven Mindsets und der große Komiker des letzten Jahrhunderts, Charlie Chaplin, schrieb zu seinem 70. Geburtstag ein Gedicht mit dem Titel: Als ich mich zu lieben begann.
Es schließt mit folgender Erkenntnis: "Als ich mich zu lieben begann, da erkannte ich, dass mich mein Denken armselig und krank machen kann. Als ich jedoch meine Herzenskräfte anforderte, bekam der Verstand einen wichtigen Partner." Diese Verbindung nannte Chaplin die HERZENSWEISHEIT. Und wer diese besitze, zu dieser Überzeugung war er gekommen, brauche sich nicht weiter vor Auseinandersetzungen, Konflikten und Problemen mit sich selbst und anderen zu fürchten, denn so Chaplin: "Sogar Sterne knallen manchmal aufeinander und es entstehen neue Welten. DAS IST DAS LEBEN!"
Chaplins Worte motivieren mich. Vielleicht schreite ich heute mal auf meiner Selbstliebeskala eine Stufe höher und lasse mich überraschen, was das für ein Lebensgefühl ist.