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Kirchen (Alfred Delp)

Wort zum Tage, 01.02.2025

Pfarrer Lutz Nehk, Berlin

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Ich möchte heute an den Jesuitenpater Alfred Delp erinnern. Am Mariä-Lichtmess-Tag vor 80 Jahren, am 2. Februar 1945, wurde er von den Nationalsozialisten in Berlin-Plötzensee ermordet. Zusammen mit anderen hat er darüber nachgedacht und gesprochen, wie ein gerechtes Deutschland nach der Hitlerdiktatur organisiert und gestaltet werden kann.

Im Gefängnis in Berlin-Tegel schrieb er mit gefesselten Händen Briefe, theologische Abhandlungen, Meditationen. In seinen Texten beschäftigte er sich mit der Gestaltung der Zukunft. Durch seinen Tod sind sie eine Art Testament geworden. Seine Gedanken sind für mich heute noch aktuell, hilfreich und richtungsweisend.

Als Theologe und Priester beschäftigt ihn das Erscheinungsbild der Kirche. Er schreibt eine Reflexion über "Das Schicksal der Kirchen". Schon der Titel deutet einen Entwurf für die Zukunft an. Es war in dieser Zeit 1944/1945 von katholischer Seite her nicht üblich von der Kirche im Plural, also von den Kirchen, zu sprechen. Nur die "eine heilige katholische und apostolische Kirche" war die Kirche. Alle anderen christlichen Konfessionen waren dies nicht wirklich. Wer von den Kirchen spricht, hat für sich schon den Schritt der gegenseitigen Anerkennung der Rechtgläubigkeit und der authentischen Christusnachfolge getan.

Dabei geht es Delp um das Überleben der Kirchen – damals schon. Er schreibt:

"Wenn die Kirchen der Menschheit noch einmal das Bild einer zankenden Christenheit zumuten, sind sie abgeschrieben. Wir sollen uns damit abfinden, die Spaltung als geschichtliches Schicksal zu tragen und zugleich als Kreuz." [1]

Eine andere Schicksalsfrage der Kirche ist ihre Beziehung zu den Menschen. Hier kommt Delp zu dem Schluss:

"Und gerade in den letzten Zeiten hat ein müde gewordener Mensch in der Kirche auch nur den müde gewordenen Menschen gefunden." [2]

Es scheint nicht so zu sein, dass die Kirche den Menschen seiner Zeit noch irgendwie eine Hilfe war. Deswegen muss sie die "Rückkehr […] in die 'Diakonie' vollziehen: in den Dienst der Menschheit. Und zwar in einen Dienst, den die Not der Menschheit bestimmt, nicht unser Geschmack ..." [3]

Den Kirchen schreibt er ins Auftragsbuch: "Erziehung zur Ehrfurcht dem anderen Menschen gegenüber. Weg von der Anmaßung zur Ehrfurcht." In Berlin wird an Alfred Delp in der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum in Charlottenburg-Nord erinnert. An ihn und die vielen Menschen, die in Plötzensee ermordet wurden.


[1] Stimmen der Zeit (StZ) 12/2017, S. 832.

[2] Stimmen der Zeit (StZ) 12/2017, S. 832.

[3] Stimmen der Zeit (StZ) 12/2017, S. 834.

Über den Autor Pfarrer Lutz Nehk

Lutz Nehk (Jahrgang 1957) ist Pfarrer an der Katholischen Schule Liebfrauen in Berlin-Charlottenburg. Seit 2014 ist er zudem "Beauftragter des Erzbistums Berlin für Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit" und ist Mitarbeiter an der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum in Berlin-Plötzensee.

Kontakt: lutznehk@t-online.de

Hier finden Sie das Manuskript der Sendung zum Ausdrucken.