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Umarmung

Wort zum Tage, 01.03.2025

Kaplan Andreas Hahne, Viersen

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Können Sie sich noch an die Bewegung Free Hugs erinnern, die vor einigen Jahren nach Deutschland kam? Free Hugs, also eine kostenlose Umarmung, haben Menschen zum Beispiel Passant:innen in Fußgängerzonen angeboten, indem sie ein Pappschild mit dem Schriftzug hochhielten. Viele Menschen haben sich davon ansprechen lassen und wurden für einen kurzen Augenblick umarmt.

Dahinter steht die Wahrnehmung, dass es den meisten Menschen guttut, umarmt zu werden. Es vermittelt ihnen Nähe, Zuneigung, Geborgenheit und Schutz, manchmal auch Intimität. Natürlich können Umarmungen auch unangenehm sein. Daher ist es wichtig, sensibel dafür zu sein, wann es angemessen ist, jemanden zu umarmen.

In der Coronazeit jedenfalls haben viele Menschen die Umarmungen vermisst. Das hat möglicherweise zusätzlich für Stress gesorgt, denn die Psychologie hat bestätigt, dass Umarmungen das Stresshormon Cortisol senken und sogar Blutdruck und Herzfrequenz reduzieren [1]. Umarmungen tun uns also gut.

Wenn ich an Umarmungen denke, habe ich auch ein Bild vor Augen, das den Titel Christus und Abbas Menas trägt. Oft wird dieses Bild auch als Freundschafts-Ikone bezeichnet. Darauf zu sehen sind eben Jesus und dieser gewisse Abt Menas. Beide stehen nebeneinander und schauen in dieselbe Richtung aus dem Bild heraus. Das entscheidende ist: Jesus legt dem Abt freundschaftlich den rechten Arm um die Schulter. Für mich bedeutet das: Jesus zeigt diesem Menschen seine Freundschaft und seine Nähe, er stärkt ihm buchstäblich den Rücken.

Mich spricht diese Darstellung auch deswegen an, weil ich mich mit diesem Abt Menas identifizieren kann. Mir vorzustellen, dass Jesus mich stärkend umarmt und mich so seiner Freundschaft versichert, tut mir gut. Zugegeben, das ersetzt nicht die wirkliche Umarmung durch einen Freund oder eine Freundin, dennoch kann auch das schon Kraft geben.

Immer wieder finden sich in der Bibel Erzählungen, in denen Jesus Menschen begegnet, die krank oder ausgestoßen sind. Er lässt sich von ihrem Schicksal berühren und berührt dann ganz wörtlich diese Menschen. Auf diese Weise heilt er sie, wohl auch, indem er ihnen seine Aufmerksamkeit schenkt und indem er den Arm um sie legt.

Möglicherweise haben Sie heute auch das Bedürfnis, einmal in den Arm genommen zu werden, weil Sie aufgemuntert werden müssen oder einfach etwas Nähe suchen. Und vielleicht ergibt sich dafür ja gerade heute auch eine Gelegenheit.


[1] https://www.meinwegausderangst.de/umarmungen/ ; Zugriff am 30.12.2023

Über den Autor Andreas Hahne

Andreas Hahne, geb. 1984, ist Kaplan in der kath. Kirchengemeinde St. Remigius, Viersen. Er hat von 2017 bis 2021 Theologie in Frankfurt/Sankt Georgen und Brixen (Südtirol, Italien) studiert. 2023 ist er in Aachen zum Priester geweiht worden. Vor seinem Theologiestudium hat er als IT-Berater und Projektleiter in Köln gearbeitet. Seine Hobbys sind Volleyball, Wandern und Musik.

Kontakt: andreas.hahne@bistum-aachen.de