Newsletter

Es war sehr gut

Wort zum Tage, 02.08.2024

Andreas Brauns, Schellerten

Beitrag anhören

Auf den ersten Seiten der Bibel wird erzählt, wie Gott alles erschafft, Himmel und Erde, Sonne und Mond, das Meer, alle Pflanzen und lebendigen Geschöpfe. Und immer, wenn Gott sein Tagwerk vollbracht hat, stellt er fest, dass es gut ist. Als dann am sechsten Tag alles fertig ist, sieht er alles an und er sagt: Es ist sehr gut!

Tatsächlich? Alles sehr gut?

Wer heute mit wachen Augen auf die Schöpfung schaut, dabei sieht, was Menschen einander antun, hat den Eindruck: Das war einmal. Gott hat sich offenbar getäuscht. Denn der Mensch ist schlecht. Und sogenannte "Gutmenschen" werden von vielen nur müde belächelt.  

Dabei ist der Mensch im Grunde gut. Das behauptet jedenfalls ein Mann aus den Niederlanden in seinem Buch "Im Grunde gut – Eine neue Geschichte der Menschheit. Der Historiker Rutger Bregman zeigt darin anhand von vielen Beispielen, was den Menschen seit Urzeiten so erfolgreich macht: Die Fähigkeit mit anderen zu kooperieren! Das vertrauensvolle Miteinander, nicht das Schielen nach Herrschaft über andere, haben den Tagen als Sammler und Jäger ein Ende gesetzt. Rutger Bregman macht deutlich: Wir sind besser, als wir denken. Liegt die Bibel mit ihren optimistischen Aussagen aus dem Schöpfungsbericht also womöglich doch richtig?

Wie passt das dann mit der ebenso weit verbreiteten Meinung zusammen, dass der Mensch grundsätzlich böse ist? Bregman entlarvt dieses Menschenbild, das nach einem psychologischen Experiment im Jahr 1971 seinen Siegeszug antrat. Inzwischen wurden die Archive geöffnet und es ist klar: Das Experiment wurde manipuliert. Und so schreibt Rutger Bregman eine neue, eine schier unglaubliche Geschichte: Der Mensch ist gut! Das ist mehr als ein frommer Wunsch. Denn viele Beispiele belegen: "Der Mensch ist von Natur aus ein solidarisches Wesen."(345) Egoismus wird erst erlernt. Und noch etwas: Säuglinge können schon mit sechs Monaten zwischen Gut und Böse unterscheiden. Was noch besser ist: sie wählen das Gute. Bei solchen Experimenten kam aber auch heraus: Babys haben, noch bevor sie sprechen können, eine Abneigung gegen das Unbekannte. Daher erklärt sich wohl auch die lebenslange Angst vor allem, was mir fremd ist. Dieses Misstrauen gilt es, zu überwinden: Denn eines ist klar: Auch Fremde haben Angehörige, die sie lieben. Für sie wie für mich gilt: Wir brauchen Mut, um die Hand auszustrecken.

Aber dieser Mut sollte nicht versteckt werden, erst recht nicht, wenn ich mit meinem Tun anecke. In der Bergpredigt sagt Jesus zu den Frauen und Männern, die ihm zuhören: "Ihr seid das Licht der Welt… Man zündet kein Licht an und stülpt ein Gefäß darüber. Man stellt es auf einen Leuchter; dann leuchtet es allen im Haus." (Mt 5,14f) Ja, so soll mein Tun leuchten. Nicht, damit ich mich damit wichtigmache, nein. Aber es könnte andere inspirieren, auch Vertrauen zu wagen und den Mut aufzubringen, auf andere zuzugehen, zu kooperieren.


Rutger Bregman: Im Grunde gut – Eine neue Geschichte der Menschheit, rororo

Über den Autor Andreas Brauns

Andreas Brauns wurde 1962 geboren. Er ist verheiratet und Vater von drei Töchtern. Nach dem Theologiestudium in Frankfurt am Main und Freiburg im Breisgau absolvierte er seinen Zivildienst in Hannover. Während dieser Zeit gab es erste Kontakte zur kirchlichen Rundfunkarbeit. Seit 1995 arbeitet er als Redakteur im "Katholischen Rundfunkreferat für den NDR". Zudem arbeitet er seit einigen Jahren auch als Beauftragter für Funk- und Fernsehen im Bistum Hildesheim. Ein Wort des Apostels Paulus im Römerbrief begleitete ihn seit dem Studium: "Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie hören, wenn niemand verkündigt?"

Kontakt: andreas.brauns@bistum-hildesheim.de