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Mechthild von Magdeburg

Wort zum Tage, 02.09.2023

Guido Erbrich, Biederitz

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Um das Jahr 1200 erblickt Mechthild von Magdeburg das Licht der Welt. In einer reichen gebildeten Familie großgeworden, gibt sie dieses privilegierte Leben bald auf. Denn in Magdeburg sieht sie die Menschen, die in der Stadt auf der Strecke bleiben: die Armen und die Kranken. Mechthild spürt, es muss Menschen geben, die etwas dagegen tun.

Sie wird Begine. Beginen waren unverheiratete Frauen, die zwar nicht in ein Kloster eintraten, aber als Gemeinschaft zusammenlebten, um miteinander zu glauben und Gutes zu tun. Es müssen risikofreudige und starke Frauen gewesen sein, denn ihre Lebensweise war schon damals ungewöhnlich und wurde kritisch beäugt.

Mechthild ist bis heute bekannt wegen ihrer mystischen Erfahrungen. Der Dominikaner Heinrich von Halle ist ihr Beichtvater und so beeindruckt von Mechthilds Berichten, dass er sie ermutigt ihre mystischen Visionen aufzuschreiben. Ganze sieben Bücher werden es – unter dem Titel: Das fließende Licht der Gottheit.

Mechthilds Texte sind voller starker Bilder, voller Zweifel, Glaube, Angst und Hoffnung – und voller Liebe. Für manche Sprachwissenschaftler ist es sogar die "kühnste erotische Dichtung", die wir aus dem Mittelalter besitzen. Mechthild hat keinerlei Scheu von Lust, Begierde, Vereinigung, Küssen und Zärtlichkeit mit ihrem Geliebten, der schließlich Gott ist, zu schreiben. Und in ihren Visionen antwortet Gott ihr ebenso liebevoll. Allerdings geht Mechthild mit diesen Texten den Magdeburger Klerikern gehörig auf die Nerven.

Diese können mit ihrem Selbstbewusstsein und ihrer freizügigen Spiritualität und Mystik genauso wenig anfangen wie mit dem provozierenden Sozialengagement der Frauen mit denen Mechthild als Begine lebt. Und, die Frauen lassen sich aufgrund ihrer finanziellen Selbstständigkeit auch nicht so recht disziplinieren. Undiplomatisch und völlig unfromm betitelt Mechthild auf dem Höhepunkt dieses Konfliktes die Magdeburger Domherren als "stinkende Böcke". Das reicht dann.

1260 muss sie Magdeburg verlassen und geht ins Zisterzienserinnenkloster Helfta bei Eisleben. Da ist sie 53 Jahre alt und schon recht krank. Helfta aber ist ein Ort, wo starke Frauen auf faszinierende Weise, Glauben, Medizin, Wissenschaft und Theologie miteinander verbinden. Dass das Kloster Helfta zu einem regelrechten Hotspot der mittelalterlichen Frauenmystik wird, ist auch ihr zu verdanken.

1282 stirbt Mechthild von Magdeburg. Ihre Texte nehmen uns mit in das innere Erleben einer Frau des 13. Jahrhunderts. Einer faszinierenden Frau, die nicht für alles Antworten hat, die Fragen aushalten muss – aber die in ihrer Suche nach Gott immer mehr in ein geheimnisvolles Licht der Liebe eintaucht.

Über den Autor Guido Erbrich

Guido Erbrich, geboren 1964, ist Vater von vier Töchtern. Er lernte den Beruf des Tontechnikers bei Radio DDR und arbeitete bis 1987 beim Sender Leipzig. Danach schloss er ein kirchliches Abitur in Magdeburg ab. Sein Studium der Theologie führte ihn nach Erfurt, Prag und New Orleans. Im Bistum Dresden-Meißen war Erbrich bis 2002 Referent in der Jugendseelsorge. Danach wechselte er als Studienleiter und Referent ins Bischof-Benno-Haus nach Schmochtitz. Bis 2010 leitete Erbrich die Katholische Erwachsenenbildung Sachsen. Von 2010 bis 2020 war er Leiter der Heimvolkshochschule Roncalli-Haus Magdeburg. Seit 2020 ist er der Senderbeauftragte der Katholischen Kirche für den MDR.

Kontakt: Guido.Erbrich@bddmei.de