Sagen, was ist. Das war mal ein legendärer Satz von Rudolf Augstein, dem Gründer des Magazins "Der Spiegel". Hört sich einfach an, so eindeutig und klar. Einfach allerdings ist das bei genauem Hinsehen nur selten. Dabei wäre es schon wichtig, zu sagen, was wirklich ist. Gerade heute, in Zeiten von Propaganda und "alternativen Fakten", die ja nur ein anderes Wort für Lügen sind. Bloß: Was ist denn? Bei der Flüchtlingsthematik, der wirtschaftlichen Lage des Landes, dem Konflikt in Nahost? Enorm komplexe Themen mit vielen verschiedenen Facetten. Und dennoch sagen gerade sehr viele, was angeblich ist. Leute, die oft wenig Wissen, aber dafür starke Meinungen haben. "Sagen, was ist" sollte aber immer auch heißen: Sagen, was ich alles nicht weiß.
Das gilt auch für mich als Christ. Der Apostel Petrus hat in einem Brief an die ersten Christen mal geschrieben: "Seid bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt." (1 Petr 3,15) Wenn ich diese Worte des Petrus für mich übersetze, dann heißt das: Sagt was ist. Aber sagt es nicht so, als wüsstet ihr alles schon ganz genau. Tut nicht so, als ob ihr Gott durchschaut hättet. Als ob ihr genau wüsstet, wer Gott ist und was er will. Sagt, was euch froh macht und hoffen lässt. Sagt, was euch Lebensmut schenkt. Sogar dann noch, wenn es richtig dicke kommt im Leben. Sagt also, was ist.
Aber verschweigt auch eure Zweifel und Unsicherheiten nicht. Ihr dürft zugeben, dass ihr auch manchmal zweifelt. Dass ihr einfach nicht beweisen könnt, dass es wahr ist. Zum Beispiel, ob es ihn tatsächlich gibt, diesen Gott, auf den ihr vertraut. Oder ob da wirklich noch ein anderes Leben kommen wird nach dem Tod. Ihr wisst es nicht. Aber es ist diese Hoffnung, die euch erfüllt. Darüber sprecht zu den Menschen. Und in diesem Sinne: Sagt was ist.
Die Kirchen haben es in ihrer Geschichte leider nicht immer so gehalten. Haben große Hoffnungen in Lehrsätze gegossen, die ohne Widerspruch zu glauben waren. Haben Menschen abgestraft, die das nicht konnten oder wollten. Glauben heißt aber nicht, einfach Lehrsätze für wahr zu halten. Glauben hat ganz viel mit Hoffen zu tun. Darauf, dass es mehr gibt als diese Welt und ihre Grenzen. Und eine größere Gerechtigkeit als die, an der wir so oft scheitern. Sogar eine über den Tod hinaus.