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Facetten von Hoffnung

Wort zum Tage, 04.06.2024

Cordula Klenk, München

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Ich sitze mit einem Bekannten zusammen; er zeigt mir Fotos vom vergangenen Urlaub; er hat ihn zusammen mit seiner Frau am Meer verbracht. Bei einem Bild bleibe ich hängen. Alles, was darauf abgebildet ist, ist grün: die Dünen, das Meer, die Wolken, selbst die Regenjacke seiner Frau, alles ist grün. Es sind aber ganz unterschiedliche Grüntöne, hellere und dunklere, so dass ein unglaublich lebendiges Bild entstanden ist. Ich staune: "So viele Facetten von grün sind hier zu sehen!" – und etwas später füge ich hinzu: "Wenn es so viele Facetten von Grün gibt, wie viele Facetten von Hoffnung muss es dann erst geben!" Grün, das ist die Farbe der Hoffnung, so wie Rot für die Liebe und Blau für die Treue steht.

Wie viele Facetten hat die Hoffnung?, diese Frage ist mir noch nachgegangen. Auch Anne Steinwart hat sich diese Frage gestellt. In einem Gedicht beschreibt sie viele unterschiedliche Facetten von Hoffnung:

"Die Hoffnung

ist eine Tür

zu einem anderen Land

Die Hoffnung ist

ein Gedicht

ein Lied

ein Gesicht

Die Hoffnung ist

eine Hand in deiner Hand

Die Hoffnung ist

eine Spur

die dir vorausgeht." [1]

Mir gefällt diese Beschreibung von Hoffnung, weil sie ihre ganz unterschiedlichen Facetten aufzeigt. Jeden Morgen empfinde ich meine Hoffnung für den vor mir liegenden Tag anders. Das eine Mal hoffe ich in einem Zustand der gespannten Erwartung, dass sich eine Tür in meinem Leben öffnet zu einer Chance, die wie neues Land vor mir liegt. Ein anderes Mal bin ich zaghaft und hoffe auf Hilfe, weil ich nicht weiterweiß. Manchmal gleicht meine Hoffnung auch einer festen Überzeugung. Dann gehe ich auch mal einen Schritt ins Ungewisse, im Vertrauen, dass er richtig sein wird.

Das Gemeinsame der vielen Hoffnungsfacetten ist: sie sind immer nach vorn gerichtet, wie eine Spur, die mir vorausgeht. Als Christin glaube ich, dass diese Hoffnungsspur die vielen Facetten meiner Hoffnung zusammennimmt und ihnen eine größere Perspektive aufzeigt; eine Perspektive, die wie ein Licht am Horizont aufscheint. Sie gründet sich auf Jesus Christus, der durch sein Leben, seinen Tod und seine Auferstehung gezeigt hat, dass wir mit ihm auf Gott hoffen dürfen, dass er unser Leben in seinen Händen hält. Die unterschiedlichen Hoffnungsfacetten gehören zu diesem Leben dazu, mal sind sie lebendig-hellgrün – und mal sind sie tief-dunkelgrün. Welche dieser Facetten mich heute in den Tag begleiten wird? Ich lasse mich hoffnungsvoll überraschen.


[1] Anne Steinwart. Eine Spur aus Lucht. Der Hoffnung vertrauen. Ostfildern 2021, S. 4.

Über die Autorin Cordula Klenk

Dr. Cordula Klenk, geboren 1980 in Göppingen, arbeitet seit Herbst 2022 als Referentin Pastoral für die Malteser in der Region Bayern. Nach dem Theologiestudium (Diplom) und dem ersten Staatsexamen für das Lehramt an Realschulen folgte eine Zeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promotionsstudentin an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Anschließend absolvierte sie die Ausbildung zur Pastoralreferentin und wurde 2016 Referentin für Flüchtlingshilfe bei den Maltesern im Bistum Eichstätt. Sie hat sich lange Zeit als ehrenamtliche Hospiz- und Trauerbegleiterin engagiert, sie singt im Eichstätter Domchor, ist immer wieder als ehrenamtliche Pilgerbegleiterin unterwegs und auch im Bayerischen Rundfunk in Verkündigungssendungen zu hören. Sie lebt mit ihrem Mann in Mittelfranken.