Es war zum Verzweifeln. Ein alter Freund hatte vor Jahren Pech. Ihm wurden vermutlich zu Unrecht Fehler vorgeworfen, er hatte daraufhin seine Stelle verloren. Später fand er eine neue, gute und sichere Position, hatte sich mit einer netten jungen Fau angefreundet, – es sah mit einem Mal alles sehr erfreulich für ihn aus. Das heißt: Es hätte erfreulich ausgesehen, wenn er nicht nach wie vor mit seinem Erlebnis aus der Vergangenheit gehadert hätte. Immer wieder quälte er sich selbst und seine Umgebung mit endlosen Erzählungen über das große Unrecht, das ihm wirklich oder vermeintlich angetan worden war. Aus irgendwelchen Gründen kam er über das Geschehene nicht hinweg. Das Tragische war, dass er damit seine Beziehung und seine ganze Zukunft gefährdete. Irgendwann resignierte seine Freundin und gab ihm den Laufpass.
Wie heilsam wäre für meinen Bekannten ein Wort aus der Bibel gewesen, hätte er es nur an sich heranlassen können: "Denkt nicht mehr an das, was früher war; auf das, was vergangen ist, achtet nicht mehr! Siehe, nun mache ich etwas Neues; schon sprießt es, merkt ihr es nicht?" (Jes 43, 18-19b)
Diese Worte stehen im Alten Testament, im Buch Jesaja. Sie sind gerichtet an Leute, die seit Jahrzehnten im Exil leben müssen. Sie haben sich eingegraben in ihre Trauer über die verlorene Heimat. Und so registrieren sie gar nicht, dass die Situation sich ändert. Tatsächlich werden sie bald in ihr Land zurückkehren können. Und dann wird etwas Neues für sie beginnen. Dafür aber haben sie keinen Blick, sie schauen nur zurück.
Natürlich prägt und beeinflusst meine Vergangenheit mein Leben. Das besteht aber nicht nur aus dem, was einmal war. Ich lebe hier und jetzt. Ich bekomme Chancen und Möglichkeiten, wenn ich nur darauf achte. Ich glaube daran, dass Gott für mich immer einen Weg vorgesehen hat. Selbst wo ich versagt habe, ist deshalb nicht alles zu Ende. Manchmal finde ich aus einer verfahrenen Situation aus eigener Kraft nicht hinaus, aber Gott hält längst einen neuen Weg für mich bereit.
Ich muss diesen Weg nur an mich heranlassen, ihn überhaupt wahrnehmen. Manchmal kann er mir durch einen Gedanken begegnen, der mir plötzlich kommt. Oder jemand sagt etwas, was mir eine neue Perspektive gibt. Ich mache eine Erfahrung, die mir die Augen öffnet. Es gibt so viele Weisen, wie Gott zu mir sprechen kann. Ich muss nur hören wollen.