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Frugalisten

Wort zum Tage, 06.06.2023

Dietmar Kretz, Würzburg

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Sie wollen mit 35 oder spätestens 40 in Rente, denn für Sie geht es darum, möglichst schnell aus den Zwängen der Arbeitswelt auszusteigen. Menschen mit einem solchen Ziel bezeichnen sich oft als Frugalisten. Der Name kommt von frugal und bedeutet bescheiden, einfach, ja karg. Und das beschreibt auch ihr Vorgehen: Ausgaben radikal reduzieren, Gebrauchtes statt Neues kaufen, alles mit der Hand waschen und kein Auto. Frugalisten verzichten auf viele Dinge in ihrem Leben. Der bescheidene Lebensstil und das Ersparte sollen dann den Ausstieg mit 35 ermöglichen. Im Durchschnitt legen sie 70% ihres Einkommens für dieses Ziel zurück. Den Frugalisten geht es um innere und äußere Freiheit, um Glück und Zufriedenheit.

Die aktuell 25 bis 30jährigen, in der Forschung auch Generation-Z genannt, scheinen eine weitere Alternative anzustreben. Ihr Verhalten im Arbeitsmarkt wird gerade untersucht. Sie streben oft eine vier Tage Woche, viel Homeoffice und überhaupt eine gute Work-Life-Balance mit jeder Menge Freizeit an. Ein Freund erzählt mir neulich, dass die sogenannten Jungen in seiner Firma auch gar nicht mehr voll arbeiten wollen. Noch vor wenigen Jahren war es dagegen das große Ziel, eine volle und unbefristete Stelle zu bekommen. Manche bezeichnen die Generation Z darum als Illoyale Arbeitnehmer. Andere sagen, dass dies nicht mit "Null bock" verwechselt werden darf, sondern ein sehr bewusstes Leben dahinter steht. Anscheinend bietet hier eine ganze Generation einen alternativen Lebensentwurf an.

Mir gefallen solche Alternativen. Sie inspirieren mich und auch wenn ich nicht in der Tonne lebe und auch nicht mehr als Frugalist früher in Rente gehe, bereichert mich der Blick auf solche Lebenskonzepte. Sie regen mich an, über meine Art zu leben nachzudenken. Dabei ist mir die sogenannte Drei-Tage Regel der Frugalisten aufgefallen: Wenn mir etwas gefällt, kaufe ich es nicht sofort, sondern frage mich nach drei Tagen: Brauche ich das wirklich?

Ich muss kein Aussteiger sein, aber auch für mein Leben gilt im Großen und Kleinen: Es geht auch anders.

Über den Autor Dietmar Kretz

Dr. Dietmar Kretz, Jahrgang 1971, ist Studienleiter an der Domschule in Würzburg mit den Schwerpunkten Glauben und Kirche. Zuvor hat er Theologie und Mathematik studiert. Nach der theologischen Promotion war er in der  Gemeindepastoral tätig bis er in die Erwachsenenbildung gewechselt ist.