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Die Überschrift über meinem Leben

Wort zum Tage, 06.06.2024

Cordula Klenk, München

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In einer Bahnhofsbuchhandlung habe ich zufällig ein Fragespiel entdeckt, das dazu einlädt, sich gegenseitig Fragen zum Leben zu stellen. Eine dieser Fragen lautet: "Wie heißt die Überschrift über deinem Leben?" Eine spannende Frage, die mich auf meiner Bahnreise noch länger beschäftigt hat

Überschriften sind nicht einfach irgendein Satz, Überschriften bringen auf den Punkt, um was es geht. Eine Überschrift muss interessant sein, damit man Lust hat, weiterzulesen – oder, im Fall dieser Frage: weiterzuleben.

Eine Überschrift über dem Leben könnte ein Taufspruch sein, den die Eltern oder Paten einem Kind mit auf den Weg geben. Nur: Ich habe keinen Taufspruch, das war zur Zeit meiner Taufe noch nicht üblich. Nun, dann könnte es die Bedeutung meines Namens sein. Cordula – das kleine Herz, die Herzliche. Nicht übel, finde ich, ein herzlicher Mensch möchte ich gerne sein. Aber so richtig knackig klingt das noch nicht.

Mein Blick fällt auf den Titel des Buchs, das der mir gegenübersitzende Reisende liest: "Ich will, dass du bist", [1] heißt es. Dieser Satz spricht mich an. Er geht auf den heiligen Augustinus zurück. Und ich finde, er könnte die Überschrift über unser aller Leben sein. Der Satz bringt zum Ausdruck, dass wir ins Leben hineingeliebt sind, dass da jemand gesagt hat: "Ich will, dass du bist." Das können unsere Eltern gesagt haben oder andere Menschen, die uns ins Leben hineinbegleitet haben.

Zuallererst, so glaube ich, hat Gott diesen Satz gesagt, ganz zu Beginn, als er uns ins Leben gerufen hat, ohne dass wir eine Vorleistung erbringen mussten. Es ist ein Satz, der in Liebe gesprochen wird, denn, so sagt es der heilige Augustinus: "Was immer du liebst, von dem willst du auch, dass es sei."[2] Ich kann diesen Satz meinerseits wiederum mit Leben füllen. Das tue ich, wenn ich Anderen mit Achtung begegne und ihnen den Raum gebe, um ihre ganz eigene Persönlichkeit zur Entfaltung zu bringen.

Es gibt auch Momente, da bete ich diesen Satz. Wenn ich mich einsam fühle. Wenn ich Gott nicht spüre. Dann flüstere ich Gott zu: "Ich will, dass du bist, Gott. Dass du da bist in meinem Leben."

Den Satz "Ich will, dass du bist", kann ich in alle Richtungen sprechen. Es ist wie ein Frage-Antwort-Spiel, mit dem ich nie fertig sein werde. Und damit eine passende Überschrift über meinem Leben.


[1] Tomás Halík: Ich will, dass du bist. Über den Gott der Liebe. Freiburg i.Br. 2019.

[2] Augustinus, Predigt Lambot 27,3

Über die Autorin Cordula Klenk

Dr. Cordula Klenk, geboren 1980 in Göppingen, arbeitet seit Herbst 2022 als Referentin Pastoral für die Malteser in der Region Bayern. Nach dem Theologiestudium (Diplom) und dem ersten Staatsexamen für das Lehramt an Realschulen folgte eine Zeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promotionsstudentin an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Anschließend absolvierte sie die Ausbildung zur Pastoralreferentin und wurde 2016 Referentin für Flüchtlingshilfe bei den Maltesern im Bistum Eichstätt. Sie hat sich lange Zeit als ehrenamtliche Hospiz- und Trauerbegleiterin engagiert, sie singt im Eichstätter Domchor, ist immer wieder als ehrenamtliche Pilgerbegleiterin unterwegs und auch im Bayerischen Rundfunk in Verkündigungssendungen zu hören. Sie lebt mit ihrem Mann in Mittelfranken.