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Gott schenkt gratis

Wort zum Tage, 06.12.2024

Peter Kloss-Nelson, Berlin

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Zu den schönsten Erinnerungen an meine Kindheit gehört der Nikolaustag. An diesem Tag wurde es endgültig geheimnisvoll und feierlich. Die Spannung stieg und die Erwartung war, dass sie auch bis Weihnachten nicht mehr wirklich sinken würde. Ich mochte diese Zeit mit ihrer trüben Dunkelheit, den Kerzen, die wir dagegen anzündeten, den vielen erzählten und gelesenen Geschichten und den zahlreichen Kleinigkeiten, die schon seit Anfang Dezember täglich im Adventskalender zu finden waren.

Ich wünschte, ich hätte mir mehr von meiner kindlichen Einstellung zum Heiligen Nikolaus bewahrt. Bei uns ging es nie ums Brav-Sein, sondern nur um die Freude ganz individuell beschenkt zu werden, ohne dafür eine irgendwie geartete Leistung zu erbringen.

Denn eines ist ja klar: Wenn der Besuch des Hl. Nikolaus zum Deal wird, geht die zentrale Botschaft verloren: Gott schenkt gratis und genau das, was ich brauche, ohne dass ich dafür einen Preis zahlen müsste.

Schaut man sich die Legenden um den Hl. Nikolaus an, spiegelt sich darin immer dieselbe Vorgehensweise wider: Es gibt eine offensichtliche Not, von der Nikolaus irgendwie erfährt. Manchmal wird diese Not auch geheim gehalten, weil es den Betroffenen peinlich ist und sie um ihren Ruf in der Nachbarschaft fürchten. Nikolaus kümmert sich mit großer Kreativität und stets im Geheimen um eine Lösung des Problems. Er bleibt im Verborgenen. Die große Geste beim Geben sucht man bei ihm vergeblich.

Schenken ist gar nicht so einfach. - Beschenkt werden ist es aber auch nicht. Ein Geschenk einfach nur freudig und dankbar entgegenzunehmen, ohne an eine dahinter liegende Erwartung, eine Gegengabe oder einen Ausgleich zu denken, fällt denen am leichtesten, die nichts oder noch nichts zu geben haben, und wer will schon als solcher gelten?

Nehme ich den schenkenden Hl. Nikolaus als Prototypen der göttlichen Zuwendung, wird mir eines klar:

Gott gegenüber kann ich immer nur der Empfangene und der Beschenkte sein. Auch wenn Kinder diese Haltung viel selbstverständlicher einnehmen können, fordert das auch und vielleicht gerade die Erwachsenen heraus. Bei Gott hört jeder Deal definitiv auf – von ihm kann ich mich nur beschenken lassen.

Über den Autor Peter Kloss-Nelson

Peter Kloss wurde 1961 in Berlin geboren und begann 1990 seine Tätigkeit als Pastoralreferent zunächst im Bezirk Wedding. Spätere Einsätze folgten in Reinickendorf, in der Geschäftsstelle des ersten ökumenischen Kirchentags 2003, in der Begleitung von Veränderungsprozessen als Gemeindeberater und als Referent für Pastoral- und Gemeindeentwicklung im Dezernat Seelsorge des Erzbischöflichen Ordinariats Berlin. Heute ist er im Personaldezernat Referent für Einsatzplanung und -begleitung von pastoralem Personal.

Kontakt: peter.kloss@erzbistumberlin.de