"Bitte reden Sie nicht über den Weltfrieden...es reicht uns langsam". Diesen Satz habe ihm einmal die Schulsprecherin einer Höheren Schule gesagt. So schreibt es der 2013 verstorbene Innsbrucker Bischof Reinhold Stecher in einem seiner Bücher. Weiter schreibt er: "Dabei war das Mädchen natürlich außerordentlich friedliebend. Aber sie wollte wohl im Namen ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler jenes Unbehagen aussprechen, das bei jungen Menschen aufkommt, wenn sie Unechtheit und Phrasenhaftigkeit zu spüren glauben."
Und der Bischof bekennt, dass "die schmetternden und doch recht unverbindlichen Appelle" beim Thema Frieden "zu leicht über die Lippen des Predigers" kommen. Und er schlägt dagegen eine "Sperrmüllaktion des eigenen Herzens" vor. Sperrmüll des Herzens – was soll das sein?
Alte Vorurteile zum Beispiel. Ererbte Abneigungen, falsche oder halbwahre Informationen, erlebte Verärgerungen. Auch Vorbehalte gegen Einzelpersonen und Gruppen, gegen Nationen, gegen Moden und Frisuren, gegen Berufe, gegen "die da oben" und "die da unten" – all das sind Barrikaden, die den Weg zum anderen blockieren und ein Miteinander erschweren, wenn nicht sogar gefährden.
Mir ist das neulich erst passiert. Ich saß im Zug im Ruheabteil. Die junge Frau neben mir, ihrem Aussehen nach eine Asiatin, arbeitete an ihrem Laptop. Ich schaute aus dem Fenster und träumte vor mich hin, als mich ein Geräusch aus meiner Ruhe riss. Meine Nachbarin hatte etwas getrunken und dabei geschlürft.
Ich hasse Schlürfen, ich kann dieses Geräusch nicht ausstehen. Aber, so dachte ich mir, sei nicht kleinlich, bei einem heißen Getränk geht es nicht ohne Schlürfen, machst du ja selber manchmal auch. Nach einer Weile wieder: Schlürf. Ich sah auf ihren Becher. Da dampfte es ja nicht mal. Mit meiner inneren Ruhe war es vorbei; und aus meiner Sitznachbarin, die ich als Person ja überhaupt nicht kannte, wurde in meinen Gedanken eine 'olle Schlürftrine'. Ich war dann doch erschrocken, wie schnell das geht mit den Vorurteilen.
Vielleicht zählt in ihrem Land das Schlürfen zur guten Sitte. Mich hat auch erschreckt, wie schnell der Friede gerade dort, wo er beginnt, nämlich im eigenen Herzen, gefährdet ist. Also, um mit Bischof Stecher zu sprechen: Raus mit dem Gerümpel. In seinem Buch schreibt er, dass diese Sperrmüllaktion der Herzen vermutlich an die Wurzeln vielen Unfriedens in der Welt ginge.
Mir fällt dazu ein Zitat von Johannes vom Kreuz ein, ein spanischer Mönch, der im 16. Jahrhundert lebte. Es lautet so: "Ich will die Welt verändern und habe beschlossen, bei mir zu beginnen. Schließt du dich mir an, dann sind wir schon zwei."