Ich habe jedes Buch von Elizabeth Gilbert gelesen. Sie ist meine absolute Lieblingsautorin. Bekannt geworden ist sie mit "Eat. Pray. Love." Darin beschreibt sie ihre Reise rund um die Welt und wie sie für sich dabei das Glück gefunden hat. Elizabeth Gilbert gilt mittlerweile, neben ihrer Tätigkeit als Autorin, als gefragte Sprecherin rund um die Themen Glauben und Spiritualität. Für mich ist sie eine wahrhaft kluge Frau, der ich sehr gerne zuhöre. Ich lasse mich gern von ihr inspirieren.
So war ich auch sofort Feuer und Flamme, als Gilbert eine besondere Initiative ins Leben gerufen hat. Sie nennt sich "Letters from love" – also "Briefe von der Liebe". Dabei geht es um Folgendes: Seit 25 Jahren schreibt Elizabeth Gilbert sich selbst jeden Tag einen Brief, in dem sie zuerst fragt: "Liebe: Was möchtest du mir heute sagen?" Diese Liebe, die sie dort anspricht, ist für sie Gott. Und nach dieser Frage schreibt sie einfach drauf los und staunt, was da aus ihrer Feder fließt. In einem Interview erzählt sie, dass sie 20 Jahre lang nur aufgeschrieben hat: "Ich bin hier. Ich liebe dich. Du kannst meine Liebe nicht verdienen, du kannst sie aber auch nicht verspielen."
Ob sie diese Sätze immer noch so schreibt, weiß ich nicht. Sie meint, es hat diese 20 Jahre gebraucht, bis sie auch wirklich geglaubt hat, was sie da geschrieben hat. Normalerweise, so sagt sie, redet sie nicht so nett mit sich selbst, sondern schimpft eher, wenn ihr etwas nicht gelungen ist. Aber in diesen Briefen ist sie nur geduldig und liebevoll. Am Ende spielt es keine Rolle, wer oder was da aus ihr heraus schreibt. Nur das Gefühl, dass sie vollkommen geliebt und angenommen ist, ist so wichtig für sie und ihr Leben. In der Initiative ermutigt sie andere Menschen, ebenfalls Briefe dieser Art zu schreiben und mit anderen zu teilen.
Seit einer Weile mache ich auch mit und staune, wie viele Menschen aus der ganzen Welt ihre ganz persönlichen Liebesbriefe miteinander teilen. Diese Offenheit und gleichzeitig diese Verbundenheit beeindruckt mich tief. Ich finde es bemerkenswert wie sich diese Briefe alle in gewisser Weise ähneln. Die Sprache ist eine andere, auch der Tonus. Mal sind die Briefe voller Humor und Augenzwinkern, mal ganz behutsam und sanft. Aber die Botschaft ähnelt sich immer: Du bist geliebt, einfach, weil es dich gibt.
Es ist auch für mich nicht immer leicht, das Positive und Liebenswerte zu sehen. Wie so viele Menschen habe ich gelernt, kritisch zu sein und Fehler zu vermeiden. Wie kann man bedingungslos etwas so Unperfektes wie einen Menschen, ja sich selbst lieben?!
Und genau an dieser Stelle hat Elisabeth Gilberts Idee diese besondere Kraft. Ich muss nicht irgendwelchen Idealen entsprechen, damit Gott mich liebt. Also darf auch ich mir immer wieder sagen: Ja, ich liebe mich!