Es ist noch Zeit bis Weihnachten, aber der Endspurt hat begonnen.
Diejenigen, denen Weihnachten etwas bedeutet, werden so langsam für die Vorbereitungen sorgen, wie immer sie auch dieses Fest gestalten wollen. Für Menschen wie mich, für die Weihnachten dann doch alle Jahre wieder überraschend kommt, heißt es, jetzt "die Steilwand zu nehmen" und das Aufgeschobene in den nächsten Tagen noch zu bewältigen.
Weihnachten kommt auf jeden Fall! Ich muss Weihnachten nicht machen. Weihnachten würde nicht ausfallen, wenn etwas Unvorhergesehenes passierte und ich am Vorbereiten gehindert wäre. Weihnachten kommt, weil es uns geschenkt ist und wir für den Kern des Festes nicht sorgen müssen. Die Bedeutung von Weihnachten erreichte mich vielleicht sogar noch am ehesten, wenn ich gezwungen wäre, das Fest in sehr reduzierter Form, unter unerwarteten Bedingungen zu verleben, wo die gewohnten Rituale und Accessoires nicht vorkommen können.
So muss es am Heiligen Abend im Jahr 1942 gewesen sein: Da bereitete der Arzt und Theologe Kurt Reuber seinen Kameraden im Kessel von Stalingrad eine besondere Weihnachtsfreude. Als die Männer den notdürftig gegen Kälte und Geschosse schützenden Bunker zur Weihnachtsfeier betraten, standen sie vor dem Bild einer Mutter, die im weiten Mantel ihr Kind birgt. Dieses Bild ist als Stalingradmadonna bekannt geworden. Es ist mit Kohle auf der Rückseite einer russischen Landkarte gezeichnet. Das Gemälde hat es irgendwie aus dem Kessel herausgeschafft, der Zeichner ist in Stalingrad verschollen. Sein Werk hängt heute in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin.
Licht, Leben, Liebe - diese drei Begriffe hat der Künstler als Rahmung um das Bild geschrieben. Um zu beschreiben, worum es in diesen Tagen bis Weihnachten geht, reichen diese drei Worte aus. Sie sagen jedem etwas, egal ob ich mich zu einer Religion bekenne oder nicht. Sie sagen mir gerade dann etwas, wenn ich das, was ich damit in Verbindung bringe, vermissen muss und in erster Linie die Sehnsucht danach spüre.
Licht, Leben, Liebe – in beeindruckend verdichteter Form ist das für mich die Verheißung Gottes, die in diesen Tagen besonders betont und hervorgehoben wird. Licht gegen die dunkle Jahreszeit, Leben in kalten Tagen, und Liebe, nach der wir immer auf der Suche sind. Die Botschaft der Weihnacht gilt jedem Menschen, vor aller Leistung und trotz aller Schuld.