Heute ist Dienstag, Gemüsekistentag. Einmal in der Woche erwarte ich diesen Moment: Es klappt eine Autotür, der Fahrer stellt die schwere Kiste vor meine Haustür, nimmt die leere Kiste der letzten Woche mit und fährt wieder davon. Das ist mein Zeichen – Zeit für eine Pause.
Neugierig schaue ich in die grüne Box. Das Auspacken hat etwas von Weihnachten. Frisches Obst und Gemüse, heute Zwiebeln, Kürbis, Rote Bete und Äpfel. Doch ganz unten liegt das, worauf ich mich am meisten freue: ein großer, runder Laib Brot. Der Duft von frischem Brot, die knusprige Kruste, der weiche Teig – das zieht mich unwiderstehlich an. Ich greife zum Messer, bereit, mir sofort ein Stück abzuschneiden. Frisch mit Butter und Salz, ein himmlischer Genuss.
Doch bevor ich das tue, halte ich inne. Ich sage still "Danke für dieses Brot" und segne es, indem ich ein kleines Kreuz mit dem Messer in die Mitte des Laibs zeichne. Diesen Brauch habe ich von meiner Mutter und Großmutter übernommen. Ein Ritual, das mich tief berührt.
Aber warum segnen Menschen seit Jahrhunderten ihr Brot? Menschen oder Dinge zu segnen, gehört zur Tradition vieler Kulturen und Religionen. Ein Segen besteht immer aus zwei Elementen: dem sichtbaren Zeichen und dem gesprochenen Wort.
Das Kreuz ist ein Symbol, das im Christentum tief verwurzelt ist. Wir zeichnen es Kindern auf die Stirn, wenn sie zur Schule gehen. Wir bekreuzigen uns beim Beten. Viele tragen es als Kette um den Hals. Das Kreuz erinnert uns an das Leiden Jesu, aber vor allem an Hoffnung und Auferstehung. Es ist ein Zeichen, das uns verbindet – mit Gott, mit unseren Mitmenschen und mit der ganzen Schöpfung.
Wenn ich das Kreuz auf das Brot zeichne, denke ich an die vielen, die nicht das Glück haben, täglich Brot zu essen. Es ist ein stilles Gebet, ein Versprechen, sorgsam mit den Ressourcen dieser Welt umzugehen. Das gesprochene Wort findet sich auch im Vaterunser wieder, wenn wir beten: "Unser tägliches Brot gib uns heute." Das ist die Bitte um alles, was wir zum Leben brauchen – Nahrung für Leib und Seele. Und es ist gleichzeitig Dank für die Fülle, die mir geschenkt ist.
Diese einfache Geste, das Segnen des Brotes, birgt eine tiefe Weisheit: Wir sind Teil eines größeren Ganzen, eingebunden in ein Netz von Beziehungen – zu den Menschen, die dieses Brot gebacken haben, zur Erde, die es hervorgebracht hat, und zu Gott, der uns all dies schenkt. Wenn wir innehalten, danken und segnen, öffnen wir uns für diese Verbundenheit und stärken nicht nur unseren Körper, sondern auch unsere Seele.