In der sanften Hügellandschaft Apuliens, der Tavoliere delle Puglie, keine 30 Kilometer von der Adriaküste und der Stadt Barletta entfernt, erhebt sich aus grünen Wäldern ein Kleinod vergangener Zeiten: Castel del Monte.
Wie eine steinerne Krone zeigt sich diese ungewöhnliche Burg markant und doch harmonisch mit der Umgebung verwoben. Je nach Witterung leuchtet ihre Silhouette aus Kalkstein bräunlich gelb oder hellgrau bis weiß. Achteckig ist ihre Grundform. Jede der acht Ecken wiederum wird von einem ebenso achteckigen Turm markiert. Die Mitte des Bauwerks bildet ein nach oben offener – ebenfalls achteckiger – Innenhof.
Um die außergewöhnliche Gestalt von Castel del Monte und seine Funktion ranken sich etliche Mythen und Theorien. Sie stand Pate für die Bibliothek in Umberto Eccos Roman "Der Name der Rose".
Bauherr und Ideengeber des faszinierenden Gebäudes war der Stauferkaiser Friedrich II. Aufgewachsen in Sizilien, dort als Kind zum König gekrönt, zog er in jugendlichen Jahren über die Alpen nach Norden, um sein königliches Erbe zu sichern. In Aachen wurde er 1215 zum deutschen König gekrönt. Ob ihn die achteckige Pfalzkirche dort inspiriert hat? Immerhin bestand sie da bereits seit 400 Jahren. Sie hatte architektonische Vorbilder in Ravenna, Konstantinopel, vor allem aber in der Grabeskirche in Jerusalem. Achteckig ist dort auch der muslimische Felsendom. Achteckig ist ebenso die Reichskrone der römisch-deutschen Kaiser.
Die Symbolik der Acht. Im Christentum ist sie enorm: Den Sonntag zählen Christen nicht nur als ersten, sondern auch als achten Tag der Woche, als Überhöhung des siebten Tages, des Sabbat. Er ist Tag der Auferstehung Christi. Deshalb sind Taufbecken und Kirchtürme oft achteckig. Unsere heutigen Zahlzeichen kamen über den arabischen Kulturkreis nach Europa. Dort ist die liegende Acht seit Jahrtausenden schon Sinnbild für Unendlichkeit.
Friedrich II. war fasziniert von Philosophie, Astronomie und Wissenschaft. Er war bestens vertraut mit Sprache und Denken der arabischen Welt. Sein mittelalterliches Gebäude Castel del Monte entfaltet bis heute nicht nur eine geheimnisvolle Atmosphäre. Seine Architektur verbindet harmonisch das Wissen von Astronomie, Mathematik und den Glauben der großen Religionen mit Philosophie.
Friedrichs Zeitgenossen nannten ihn auch "stupor mundi" – "das Staunen der Welt". Staunen lässt mich über Zeit und Raum hinweg die so aktuelle und segensreiche Botschaft seiner Steine: "Glauben und Wissen", lautet die, "sind keine feindlichen Größen. Sie ergänzen sich gegenseitig. Gemeinsam beschreiben sie die eine wunderbare von Gott geschaffene Welt." Und beide, Glauben und Wissen, bringen so Schönes wie Castel del Monte hervor.