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Menschliches Merkmal

Wort zum Tage, 12.04.2024

Elisabeth Schwope, Dresden

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Meine Tochter ist eine Schnellzeichnerin. Mit ihren vier Jahren versucht sie, mit wenigen Strichen die Welt auf Papier zu bringen. Ihr neuestes Geschenk für mich zeigt eindeutig einen Menschen: Kopf, zwei Arme, zwei Beine, ein kräftiger Körper. Ich habe keine Idee, wer es sein könnte und frage nach. Entrüstet schaut mich die Künstlerin mich an und sagt: "Mama, das bist doch du." Immerhin habe ich ein breites und großes Lachen bekommen. Und noch Ein Merkmal fasziniert mich dabei besonders, das bei keinem ihrer Kunstwerke fehlen darf, wenn Personen gezeichnet werden.  Es ist der Bauchnabel. Mittig auf dem Bauch ist deutlich ein dicker Kreis oder Punkt eingezeichnet.

Für mich ist das Bild daher wie ein Spiegel. Nicht, weil ich mich so gut darauf erkennen würde. Aber das Bild hält mir den Spiegel vor Augen. Der Bauchnabel erinnert uns an die Geburt, an die Verbindung im Mutterleib - die Nabelschnur. Selbst die ersten Sekunden und Minuten auf der Welt wird ein Baby über die Nabelschnur von der Mutter noch weiter versorgt. Dieses Phänomen lässt mich immer wieder staunen. Und es macht mir eindrücklich klar: Mein Leben ist Geschenk. Ich komme nicht von mir selbst. Das lässt mich dankbar zurückschauen.

Es gibt viel Grund zum Danken. Den Menschen, die mich großgezogen haben, den Menschen, die prägten und heute noch prägen, Menschen, die mich inspirieren. Sie alle hinterlassen an und in mir einen Abdruck und formen mich. Vielleicht ist es nicht so sichtbar wie der Bauchnabel. Unsichtbar bin ich aber weiter mit diesen Personen verbunden. Und ich glaube, es gibt immer noch eine Nabelschnur in meinem Leben. Denn dankbar für das Geschenk des Lebens bin ich auch gegenüber Gott. Ich bin überzeugt: es gibt eine göttliche Nabelschnur. Eine Versorgungsstrecke, die mich mit Liebe, Kraft, Segen versorgt. Schon vor der Geburt. Und auch noch heute.

Und was mir am Meisten gefällt: Die Nabelschnur geht immer in zwei Richtungen. Im Mutterleib hält der fetale Blutkreislauf die Versorgung aufrecht. In den arteriellen Blutgefäßen werden die wichtigen Nährstoffe und Sauerstoff zum Kind transportiert. In den venösen Gefäßen wird entsorgt und zurück geleitet, was nicht mehr gebraucht wird. Und so sehe ich auch mein Beziehungsleben mit Gott. Der Lebensatem kommt zu mir, ich bin versorgt. Aber es gibt auch den Fluss zurück. Alles, was überflüssig in meinem Leben oder unvollständig ist, kann ich im Gebet zurückgeben. Der Kreislauf führt zu Austausch und Veränderung. Diese Nabelschnur macht mich sehr dankbar. Mein Bildnis mit dem Bauchnabel hängt deswegen inzwischen über dem Schreibtisch. Und es erinnert mich täglich daran: Ich bin ein Kind Gottes.

Über die Autorin Elisabeth Schwope

Geboren 02.08.1990 in Löbau /Sachsen, aufgewachsen in der Oberlausitz, heute wohnhaft in Dresden, verheiratet, zwei Kinder.

2009 – 10 nach dem Abitur Freiwilliges Soziales Jahr in Zittau

2010 – 13 Studium der Religionspädagogik in Freiburg/Breisgau

2013 – 14 Berufspraktisches Jahr in Zwickau

2014 – 2017 Schulseelsorgerin am Bischöflichen Maria-Montessori-Schulzentrum in Leipzig

2014 –2016 Gemeindeassistentin in Leipzig-Grünau

ab 2016 Gemeindereferentin in Leipzig Nord

Herbst 2017 – Herbst 2021 in Elternzeit

Seit 2021 Gemeindereferentin in Dresden, Pfarrei Selige Märtyrer vom Münchner Platz

Kontakt: elisabeth.schwope@pfarrei-bddmei.de