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Fastnacht: anders sein

Wort zum Tage, 13.02.2024

Beate Hirt, Frankfurt

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"Eigentlich bin ich ganz anders. Ich komme nur so selten dazu." Der Spruch von Ödön von Horvath ist berühmt, er steht auf Postkarten, Udo Lindenberg hat daraus sogar mal einen Song gemacht. "Eigentlich bin ich ganz anders." Für mich passt der Spruch ziemlich gut auch zur Fastnacht. Viele Leute sind da für ein paar Tage anders als sonst: Sie ziehen sich ein Kostüm über, schminken sich, setzen sich einen Hut auf – und dann fängt mancher, der sonst eher schüchtern ist, plötzlich an, hemmungslos zu tanzen. Und eine andere, die sich sonst nie zu singen traut, singt lautstark mit. An Fastnacht lässt es sich eben anders leben. Und ich kann dabei Seiten an mir entdecken, die sonst eher zu kurz kommen.

Ich mag diese Seite der Fastnacht: Dieses "anders sein" dürfen. An diesen paar besonderen Tagen und in einem Kostüm: Da ist das leichter möglich als im Rest des Jahres. Im normalen Leben halte ich mich ja in der Regel an das, was andere von mir kennen und erwarten – oder natürlich auch: Was ich von mir selbst kenne und erwarte. Ich bleibe dem Bild treu, das andere und ich selbst von mir haben. Schon deshalb, weil es das Einfachste ist. Sich verändern, anders leben: das kostet ja immer auch Energie. An Fastnacht ist es einfacher. Da kann ich für eine begrenzte Zeit ausprobieren, was noch in mir steckt.

Und doch: Manchmal wünschte ich mir, etwas von diesem "anders sein" wäre auch an anderen Tagen möglich, etwas von diesem: Ich kann auch anders, ich darf auch anders. Wenn ich merke: Da gibt es Seiten in mir, die würde ich gerne noch mehr leben. Aber ich traue mich nicht so recht, sie hervorzuholen. Udo Lindenberg hat in seinem Lied gesungen: "Ich bin gar nicht der Typ, den jeder in mir sieht." Ich denke, es lohnt sich, sich immer mal wieder zu fragen: Welcher Typ bin ich denn eigentlich? Und welcher Typ will ich sein?

Im Grunde ist auch die Fastenzeit, die morgen beginnt, eine gute Zeit, um sich das zu fragen. 40 Tage lang darf und soll ich Neues ausprobieren. Andere Seiten in mir entdecken und ausleben. Im besten Fall: bessere Seiten. Was steckt noch in mir? Welche neuen, ungewohnten Wege kann ich einschlagen? "Eigentlich bin ich ganz anders. Ich komme nur so selten dazu." Ich denke, ich könnte mir selbst öfter die Gelegenheit dazu geben: einmal ganz anders zu sein.

Über die Autorin Beate Hirt

Beate Hirt ist Senderbeauftragte der katholischen Kirche beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt. Sie studierte katholische Theologie und Germanistik in Mainz und Paris. Danach war sie als Persönliche Referentin beim Mainzer Bischof Karl Kardinal Lehmann tätig. Seit 2003 ist sie Rundfunkbeauftragte des HR. Sie schreibt und liest gern, am liebsten über Gott. Inspiration und Entspannung findet sie beim Joggen, Wandern und Singen.

Kontakt: info@kirche-im-hr.de und www.kirche-im-hr.de