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Im Walfisch

Wort zum Tage, 13.03.2024

Dominik Frey, Baden-Baden

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An der Ostküste der USA ist etwas total Irres passiert: Ein Taucher, der in der Nähe von Cape Cod nach Hummern gesucht hat, wurde von einem Buckelwal verschluckt. Der 56-jährige Taucher war für gut 30 Sekunden im Wal, bevor dieser aufgetaucht ist und ihn wieder freigelassen hat. Walexperten gehen davon aus, dass der Wal das extra getan hat, um den Taucher zu retten.

Das ist genau wie bei der Geschichte des Propheten Jona, die im Alten Testament erzählt wird. Jona wird auch von einem Wal verschluckt und wieder ausgespuckt. Er bekommt zunächst einen Auftrag von Gott und hat da überhaupt keine Lust drauf. Er soll den Einwohnern der Metropole Ninive so richtig einheizen, weil die ständig über die Stränge schlagen: Glückspiel, Gewalt und Gelage.

Verständlich, dass Jona nicht derjenige sein möchte, der die schlechte Botschaft überbringt, er will nicht als Spielverderber dastehen. Und deshalb verkriecht er sich vor Gott auf ein Schiff, das gerade vom Hafen ausläuft. Aber das ist natürlich für die Katz, denn Gott sieht alles – weiß man doch. Ein mächtiger Sturm zieht auf. Jona ahnt, dass er daran schuld ist. Um wenigstens die Crew zu retten, bietet er an, sich vom Schiff werfen zu lassen. Und so geht er ehrenhaft über Bord und landet im kalten Wasser. Und jetzt kommt der Wal ins Spiel. Der verschluckt Jona – genau wie beim Hummerfischer von Cape Cod. Aber Jona bleibt nicht nur 30 Sekunden im Wal, sondern geschlagene drei Tage.

Im Innern des Wals hat Jona viel Zeit nachzudenken. Warum rennt er von Gott davon? Er merkt, dass er Angst hat vor der Aufgabe. Angst, dass er in Ninive ausgelacht wird, dass er ignoriert oder niedergemacht wird. Und als er die Ängste ausgemacht und bedacht hat, da will er sich ihnen stellen. Nach drei Tagen ist er bereit für die heikle Prophetenmission in Ninive und wird vom Wal ausgespuckt ans rettende Ufer. Zu guter Letzt bewegt er sogar noch die Einwohner von Ninive zur Umkehr.

Der Wal in der Jona-Geschichte steht sinnbildlich dafür, dass es wichtig ist, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Diese Aufgabe wirkt erst mal groß, dunkel und bedrohlich wie das Maul eines riesigen Fisches. Aber wenn ich mich dieser Aufgabe stelle, dann kann das einen neuen erlösten Menschen aus mir machen: weniger ängstlich, weniger eitel, weniger selbstbezogen und um ein Abenteuer reicher – wie der Hummerfischer von Cape Cod.

Dominik Frey, geboren 1968 in Überlingen am Bodensee, ist Pastoralreferent und Rundfunkbeauftragter der Erzdiözese Freiburg beim SWR. Nach dem Studium der Theologie in Freiburg und Dublin hat er sechs Jahre in einer Musikschule als Saxofonlehrer gearbeitet. Außerdem war er Dirigent und mit Bandleader. Während der Ausbildung zum Pastoralreferenten wurde er Autor für SWR3 und hat die journalistische Ausbildung am ifp in München absolviert. Dominik Frey fährt gerne Motorrad, liebt Snowboarden und Geocaching und natürlich seine Frau und seine beiden Jungs. Er lebt in Baden-Baden.