„Danke, dass Du mich Oskar hast kennenlernen lassen. Dank seiner war ich fröhlich. Er hat mir geholfen an Dich zu glauben. Ich bin so voll Liebe, dass es mich verbrennt. So viel hat er mir davon gegeben, dass es mich die Jahre, die mir noch bleiben, erfüllen wird. Bis bald, Oma Rosa.“
Oma Rosa ist eine "rosa Dame". So nennt man Ehrenamtliche, die in Krankenhäusern Besuchsdienste übernehmen. "Oma Rosa" ist eine der beiden Hauptakteure in Eric-Emmanuel Schmitts "Oskar und die Dame in Rosa".
Im Krankenhaus lernt Oma Rosa den 10-jährigen Oskar kennen. Seine Diagnose ist erschütternd: Krebs. Ihm bleiben kaum mehr zwei Wochen Lebenszeit. Jeden Tag schreibt Oskar einen Brief. Mit entwaffnendem Humor rührt er den Leser zu Tränen. Zum Briefeschreiben hat Oma Rosa ihn ermuntert: Ein Brief pro Tag an den lieben Gott. Obwohl Oskar beteuert, dass er nicht an Gott glaubt.
"Ich mache keine Freude mehr", schreibt er. "Wenn mich der Doktor untersucht, tut er es nicht mehr mit ganzem Herzen, ich enttäusche ihn. Er schaut mich an ohne was zu sagen, als ob ich einen Fehler gemacht hätte. Je mehr der Doktor mit traurigen Augen schweigt, desto mehr fühle ich mich schuldig. Ich habe verstanden, dass ich ein schlechter Kranker bin, einer, der einem den Glauben nimmt, dass die Medizin etwas ganz Tolles ist."
Brief für Brief tastet Oskar sich vor in das Geheimnis des Lebens. "Ich habe das Gefühl, dass niemand mir sagen will, dass ich sterben muss." – "Warum willst du, dass man es dir sagt, Oskar, wo du es doch weißt!" Der poltert: "Man tut immer so, als käme man in ein Krankenhaus, um gesund zu werden. Dabei kommt man auch rein, um zu sterben." – "Du hast recht. Und ich glaube, dass wir beim Leben den gleichen Fehler machen. Wir vergessen, dass Leben zerbrechlich ist und vergänglich, und tun so, als wären wir unsterblich."
Heute, am 15. Februar, ist Internationaler Kinderkrebstag. Das, worüber Oskar sich so bitter beklagt, will dieser Tag ändern: Die Sprachlosigkeit. Dass Eltern, Ärzte und Pfleger mit Oskar nicht offen sprechen, belastet ihn mehr als seine Krankheit. "Gedanken, die man nicht ausspricht, machen schwer", erläutert Oma Rosa.
In seinen Briefen versöhnt Oskar sich mit seiner Krankheit, der Begrenztheit seiner Lebenszeit und schließlich mit Gott. "Was das Leben für ein komisches Geschenk ist: Am Anfang glaubt man, man lebt ewig. Später findet man es kümmerlich. Am Ende wird einem klar, dass es gar kein Geschenk ist, sondern nur geliehen. Ich bin ein bisschen müde."
"Die letzten drei Tage hatte Oskar ein Schild auf seinen Nachttisch gestellt. Es stand darauf: 'Nur der liebe Gott darf mich wecken'", verrät Oma Rosa am Ende.