"In der Osterwoche an den Lago Maggiore – und die Rennräder im Kofferraum dabei!" Ich habe zwar einen Stoß Abiturklausuren zu korrigieren, aber wir sind zu dritt: "Dann könnt Ihr alleine fahren, wenn ich am Schreibtisch sitzen muss", vereinbare ich mit zwei Freunden. Ein passendes Quartier ist schnell gefunden: Eine kleine Klostergemeinschaft am Südufer des Sees. Sie leitet eine Musikschule und hat viel Raum für Gäste.
Zwei Tage nach Ostern kommen wir am frühen Nachmittag an: Erschöpft, aber in froher Erwartung rollt unser Auto auf den Hof des Collegio. "Niemand da?" Eine Weile dauert es, bis wir einen der Hausherren antreffen. Der zeigt uns gut gelaunt unser Quartier und die gesamte Anlage. In offensichtlicher Hochstimmung sind auch weitere Mitglieder der Kommunität. Irgendetwas Seltsames geht vor sich.
Schließlich ist offensichtlich: Alle sind mehr oder weniger stark angetrunken. Am helllichten Tag! Ich bin irritiert. Und ich zögere nicht, meine Verwunderung gegenüber dem Hausleiter in vorsichtige Worte zu packen. "Ma è Pasqua", erwidert der mit entwaffnendem Lächeln. "Es ist doch Ostern! Das müssen wir feiern! Eine ganze Oktave, acht Tage lang. Du etwa nicht?!"
Wir lachen zusammen. Natürlich! Es sind ja Ferien. Und es ist Osterwoche! Irgendwie ist mir das Ganze sympathisch, merke ich! Die reden hier nicht nur von Freude, feiern nicht nur Gottesdienste, die machen diese Woche wirklich zu einem Fest! Und dazu gehört beim Mittagessen offensichtlich die eine oder andere Flasche Wein.
Feiern. Zugegeben: Das ist bei mir eher überschaubar. Kaffee und Kuchen am Namenstag, ein Grillabend am Geburtstag. Alles nicht zu lange. Die Arbeit ruft. "Gebt berauschenden Trank dem, der zusammenbricht, und Wein denen, die im Herzen verbittert sind!", so steht es in der Bibel, im Buch der Sprichwörter. Vom "Wein, der das Herz des Menschen erfreut" spricht ein Psalm.
Und das sei der Wille Gottes, betont er. Ja, aber alles im rechten Maß, auch da gibt es etliche Mahnungen und Warnungen in der Heiligen Schrift. Doch wie Wasser für Alltag und Leben steht, so steht Wein für Fest und Leben in Fülle.
"Vergiss die Freude nicht!" Phil Bosmans, ein geistlicher Schriftsteller, hat eines seiner Büchlein so betitelt, Nana Mouskouri einen ihrer Songs. Freude zulassen, dazu ermuntert mich die Begegnung mit der Kommunität am Lago Maggiore. Die Klausuren bleiben erstmal im Koffer. Jetzt ist Fest. Bei strahlendem Sonnenschein freuen wir uns über den Ausblick auf den See und die kommenden Touren mit dem Rad. "Alles zu seiner Zeit", lehrt das Buch Kohelet. Die Freude nicht vergessen – ein guter Gedanke an diesem Morgen, so kurz nach Ostern, meine ich.