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Reden und Schweigen

Wort zum Tage, 17.01.2023

Pfarrer Detlef Ziegler, Münster

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Seit meiner Studienzeit begleitet mich ein Wort aus dem 1. Petrusbrief des Neuen Testaments der Bibel. Es hat mich im Laufe der Jahre immer wieder ins Grübeln gebracht:

„Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt.“ (1 Petr 3,15)

Die Aufforderung ergeht an alle, die sich für ein christliches Leben entschieden haben. Wir können und dürfen nicht schweigen und uns nicht einfach ins stille Kämmerlein einer privaten Frömmigkeit zurückziehen. Uns ist zugemutet und zugleich zugetraut, über unseren Glauben vernünftig und überzeugend zu reden, auch öffentlich. Wir sind Zeugen einer Botschaft und einer Hoffnung, die nicht nur von dieser Welt sind.

Als Priester der katholischen Kirche erlebe ich, wie uns der Wind ins Gesicht bläst. Eine Form von Kirche vergeht oder ist bereits vergangen. Dafür gibt es äußere Ursachen, aber leider auch sehr viele innere Missstände, die Menschen mittlerweile in Scharen aus der Kirche treiben. Dringende Reformen sind seit langem überfällig, und doch bewegt sich viel zu wenig.

Was mich dabei traurig macht? Dass wir seit Jahren in der Kirche überwiegend nur noch mit uns selbst beschäftigt sind. Bei allem innerkirchlichen Engagement sorge ich mich darum, dass darüber das Gerücht von Gott immer schwächer wird.

Doch genau darum muss es gehen: Dass das Gerücht von Gott nicht stirbt! Und ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, die die Frage nach Gott nicht nur abgeschafft hat, sondern sogar vergessen; der der Sinn für Transzendenz abhandengekommen ist; die vergessen hat, dass es im Leben mehr als alles geben muss. Es geht um eine doppelte Blickrichtung: Unter der Oberfläche des Hier und Jetzt, des prallen und des verkrüppelten Lebens den zu entdecken, der nicht über dem Sternenzelt wohnt, sondern auf dem Grund dieser Welt…und damit auch in mir. Wir schulden unseren Zeitgenossen dieses Gerücht von Gott, damit das Leben tief genug bleibt und nicht in der Oberflächlichkeit zu kurz springt und verkümmert.

Der Schweizer Dichtertheologe Kurt Marti schreibt:

„Leichter wäre es, von Gott zu schweigen
Als von ihm zu reden.
Wer schweigt, blamiert sich nicht.
Wer schweigt, ist nicht angreifbar.
Wer schweigt, scheint weise zu sein.“

Manchmal ist es klug zu schweigen; dann wird ein Schweigen beredt. Öfter mal schweigen sollten die, die es immer so genau wissen, auch von Gott. Allen anderen wünsche ich den Mut, mit ihrem Reden und Tun das Gerücht von Gott wachzuhalten, auch wenn ich dabei Gefahr laufe, mich zu blamieren, angreifbar zu werden oder wenig weise zu erscheinen. Wir sollten es darauf ankommen lassen.

Über den Autor Pfarrer Detlef Ziegler

Pfarrer Dr. Detlef Ziegler, geboren und aufgewachsen im Ruhgebiet, studierte Theologie, Philosophie, klassische Philologie und Pädagogik in Münster und München. 1985 wurde er in Münster zum Priester geweiht. Von 1990 bis 2001 war er Studienrat am Gymnasium Paulinum in Münster und danach in der Aus- und Fortbildung im Bistum Münster tätig. Zudem hatte er Lehraufträge für philosophische und theologische Anthropologie, Neues Testament und Homiletik in Münster und Paderborn.

Kontakt: ziegler@bistum-muenster.de