Über viele Jahre hatte meine Bekannte die ältere Frau im Seniorenheim besucht. Vor einiger Zeit ist dann die betagte Frau gestorben. Angehörige waren nicht bekannt. So war die Verstorbene umgehend auf Veranlassung des Ordnungsamtes der Stadt in ein Krematorium gebracht worden. Im Anschluss sollte die Urne anonym beigesetzt werden. Kein Abschied, kein Gebet…
Situationen wie diese sind aus allen Teilen der Republik bekannt. In einigen Städten gibt es daher ökumenische Initiativen, die sich für eine würdevollere Bestattung einsetzen. In Osnabrück kann in diesem Monat eine solche Initiative 10jähriges Jubiläum feiern. Sie ist bundesweit wohl einmalig, denn getragen von der Stadt verbindet sie Vertreterinnen der christlichen Kirchen und des Humanistischen Verbandes in Niedersachsen. Letztere vertreten kein religiöses Bekenntnis. Ihr Blick richtet sich auf die auch in Osnabrück zunehmende Zahl verstorbener konfessionsloser Menschen.
Gemeinsam organisieren Christen, Humanisten und die Friedensstadt Osnabrück also seit zehn Jahren Trauerfeiern für Menschen, für die sich – so heißt es im Behördendeutsch – "keine bestattungspflichtigen Angehörigen" finden lassen. Die Ursachen sind vielfältig. Manche der Verstorbenen waren vereinsamt; andere hatten soziale oder persönliche Tragödien an den Rand der Gesellschaft geführt. Die monatlich stattfindenden Beisetzungen der Urnen werden jeweils in der Tageszeitung bekannt gegeben – mit den Namen der Verstorbenen. Und siehe da: Von nah und fern kommen Freunde, Nachbarn, Weggefährten – oftmals ist das eine bunte Gesellschaft, die sich da zusammen findet. Wie tröstend sie die Feier empfinden, zeigen ihre dankbaren Reaktionen.
Menschen auch nach dem Tod nicht einfach ohne Abschied auf einem anonymen Gräberfeld namenlos verschwinden lassen – darum geht es den Trägern der Initiative. Über alle Unterschiede hinweg verbindet sie der Wunsch, die Würde des verstorbenen Menschen zu wahren; ebenso verbindet sie das Engagement, auf die Not der Lebenden hinzuweisen, der Vereinsamung in der Gesellschaft entgegen zu wirken.
Für die Vertreter der christlichen Kirchen bieten die städtischen Abschiedsfeiern darüber hinaus die Chance, ihre frohe Botschaft zu verkünden, Trauernden Trost zuzusprechen, von ihrer Hoffnung zu sprechen auf ein Leben über den Tod hinaus bei Gott. Seid stets bereit, so heißt es in einem Brief des Apostels Petrus, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt.
Für mich ist es ein großer Trost, dass in Osnabrück kein Mensch ohne namentliche Verabschiedung bestattet werden muss.