Die eigenen Rechte, die kennen viele ziemlich genau. Aber auch die eigenen Pflichten? Dabei gehört beides untrennbar zusammen. Rechte ohne Pflichten? Kaum vorstellbar. Es sind zwei Seiten derselben Medaille. Das fängt schon im Kleinen an. In fast jedem Mietshaus hängt im Flur eine Hausordnung. Mieterpflichten. Jede und jeder kann dort nachlesen, was zu tun und zu lassen ist, damit es klappt mit dem friedlichen Zusammenleben.
Was im Kleinen sinnvoll und nötig ist, sollte natürlich erst recht im Großen gelten. Darum hat vor über 25 Jahren eine Runde ehemaliger Staats- und Regierungschefs mit dem "InterActionCouncil" eine Charta der Allgemeinen Menschenpflichten erstellt. Große Namen haben sie damals unterschrieben: Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt. Valery Giscard d’Estaing, der mal Staatspräsident von Frankreich war. Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter und viele andere. Ihre Charta ist so etwas wie die andere Seite der Allgemeinen Menschenrechte. Die sind inzwischen weitgehend bekannt. Die Menschenpflichten dagegen kennt kaum jemand. Wer sie aber liest, dem wird schnell klar, warum Rechte und Pflichten immer zwei Seiten derselben Medaille sind.
Jede Person, gleich welchen Geschlechts, welcher ethnischen Herkunft, welchen sozialen Status, welcher politischer Überzeugung, hat die Pflicht, alle Menschen menschlich zu behandeln, lese ich etwa im ersten Artikel. Oder: Jeder Mensch hat die Pflicht, unter allen Umständen Gutes zu fördern und Böses zu meiden. Und auch: Jede Person ist unendlich kostbar und muss unbedingt geschützt werden. Schutz verlangen auch die Tiere und die natürliche Umwelt.
Die Menschenpflichten sind so etwas wie universelle Grundsätze für das Zusammenleben, gültig überall auf der Welt. Jenseits aller Nationalitäten, Kulturen und Religionen. Eine Hausordnung für die Welt hat man sie auch mal genannt.
Dass sie an die zehn Gebote der Bibel erinnern, kommt nicht von ungefähr. Regeln für ein friedliches Zusammenleben gibt es schon seit Jahrtausenden. Aber erst die jüdische Bibel hat in ihnen auch ein Anliegen Gottes erkannt. Hat sie zu seinen Geboten erklärt. Zu seiner Hausordnung für die Schöpfung.
Nun verhindert auch die Ordnung im Hausflur ja nicht, dass die Leute sich nicht darum kümmern. Dass sie ihren Müll dort hinwerfen. Dass die Treppe nicht geputzt wird oder Vandalen die Wände beschmieren. Und in der großen Welt dürften Despoten und Gewaltherrscher über so eine Hausordnung für die Welt eher mitleidig lächeln. Trotzdem ist sie wichtig. Als Maßstab für das, was gelten kann und gelten sollte. Für alle. Und für die, die an einen Gott glauben auch dafür, was im Sinne Gottes ist.