Ich taufe mit wachsender Begeisterung – obwohl ich damit lediglich eine Notlösung umsetze. Im Bistum Essen sind seit gut einem Jahr nichtgeweihte Frauen und Männer zur außerordentlichen Taufspendung beauftragt. Die ordentliche Taufspendung ist in meiner Kirche an das Weiheamt gebunden. Unsere Beauftragung wurde notwendig, da die Zahl der Geweihten rapide sinkt und zugleich eine gute Taufpastoral sichergestellt sein soll.
Meine Erfahrung ist: Für Tauffamilien spielt die kirchenrechtliche Rahmenbedingung meines Tuns meist keine Rolle. Sie wünschen, dass ihr Kind die Taufe empfängt. Und sie wünschen sich eine ansprechende, berührende Feier. Eine Feier, mit der sie in ihrer jeweiligen Lebenssituation gesehen und wertgeschätzt werden.
In der Vorbereitung treffe ich auf die ganze Breite des Lebens. Da sind Familien, die einfach nur glücklich sind, dass dieses Kind wunschgemäß und heile bei ihnen angekommen ist – die in der Tauffeier ihre Dankbarkeit zum Ausdruck und vor Gott bringen wollen. Da sind Paare, die lange Zeit auf ein Kind gewartet hatten, die gerade dabei waren, sich auf ein Leben ohne Kind einzustellen. Und an dere, die sich in ähnlicher Situation entschieden haben, ein Kind anzunehmen – mit allem, was da so dranhängt.
Da sind Familien, bei denen Beginn und Ende des Lebens zusammenfallen, die ein Kind taufen lassen und zugleich um den verstorbenen Zwilling trauern. Da sind Eltern, deren Kind mit massiven gesundheitlichen Problemen zur Welt kam – denen der Schreck noch in den Knochen steckt, die besorgt sind und doch funktionieren müssen. Da ist die Mutter, die auf dem Anmeldebogen nur ein Elternteil eingetragen hat und im persönlichen Kontakt sagt, dass sie unsicher war, wie denn die katholische Kirche damit umgehen würde, wenn da zwei Mütter stünden …
Ihnen allen sage ich, dass ich fest darauf vertraue, dass ihr jeweiliger Weg begleitet ist. Dass der Name jedes einzelnen Kindes in Gottes Hand geschrieben ist. Und sie alle hören diese Zusage auf dem Hintergrund ihrer jeweiligen Situation, ihrer ganz individuellen Erfahrung, ihrer ganz persönlichen Gefühlslage.
Wenn ich dem Kind dann das Wasser des Lebens über den Kopf gieße und seinen Namen ausspreche, habe ich all das wie verdichtet in mir und wünsche ihm aus tiefstem Herzen: "Mach was draus, geh deinen Weg, hab immer Menschen, die dich sehen und dich unterstützen in dem, was du brauchst. – Und du, Gott, hab‘ ein Auge drauf!"